A. Rechtlicher Rahmen

 

Rz. 1

§ 40 Abs. 1 S. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) bestimmt, dass die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften beschränkt oder verbietet, wenn ein Luftreinhalte- oder Aktionsplan nach § 47 BImSchG dies vorsieht. Ein Luftreinhalteplan ist von der zuständigen Behörde aufzustellen, wenn die durch eine Rechtsverordnung nach § 48a BImSchG festgelegten Immissionsgrenzwerte (einschließlich festgelegter Toleranzmargen) überschritten werden (§ 47 Abs. 1 BImSchG), um eine dauerhafte Verminderung von Luftverunreinigungen zu erzielen. Einen Aktionsplan hat die Behörde aufzustellen, wenn die Gefahr besteht, dass die durch Rechtsverordnung nach § 48a BImSchG festgelegten Grenzwerte oder Alarmschwellen überschritten werden (§ 47 Abs. 2 BImSchG). Ein Aktionsplan ist eine kurzfristig angelegte Maßnahme, ein Luftreinhalteplan verfolgt eine einen längeren Zeitraum umfassende Strategie. Daneben ist aber zu beachten, dass parallel zu diesen immissionsschutzrechtlichen Instituten Maßnahmen nach der Straßenverkehrsordnung (§ 45 StVO) angeordnet werden können, sog. planunabhängige Maßnahmen.[1] Dazu gehören etwa Durchfahrtsverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen.

 

Rz. 2

Für die einzelnen Schadstoffe sieht die 22. BImSchV ab dem Jahr 2006 – auch wegen europarechtlicher Vorgaben – ständig verringerte Toleranzmargen vor, die bei Überschreiten zu behördlichem Handeln führen. Daher tritt die Feinstaubproblematik (PM 10) – die Anstoß der rechtlichen Diskussion war, wobei man insoweit über die Wirkung von Verkehrsverboten trefflich streiten kann – immer mehr in den Hintergrund, die strenger werdenden Grenzwerte für Stickoxid treten dabei immer mehr in den Vordergrund; denn der Straßenverkehr verursacht die Stickoxidbelastung zu 60 %.

 

Rz. 3

Die in den Plänen vorgesehenen Maßnahmen sind entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen (§ 47 Abs. 4 S. 1 BImSchG). Werden in diesen Plänen Maßnahmen im Straßenverkehr vorgesehen, muss das Einvernehmen mit der Straßenverkehrsbehörde hergestellt werden (§ 47 Abs. 4 S. 2 BImSchG).

 

Rz. 4

Soweit ein Luftreinhalte- oder Aktionsplan dies vorsieht, schränkt die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften ein (§ 40 Abs. 1 S. 1 BImSchG). Das erfolgt über das Aufstellen der Vorschriftzeichen (§ 41 Abs. 1 StVO) Anlage 2 zur StVO Nr. 270.1 ("Beginn einer Verkehrsverbotszone") und Nr. 270.2 ("Ende einer Verkehrsverbotszone"). In diesen "Umweltzonen" ist der Kraftfahrzeugverkehr grundsätzlich verboten. Durch das Zusatzzeichen sind Kraftfahrzeuge, die aufgrund ihres Schadstoffausstoßes eine bestimmte Einstufung erhalten und diese Plakette an der Windschutzscheibe zeigen, vom Verkehrsverbot freigestellt. Ein Verstoß gegen die Kennzeichnung wird derzeit mit einem Bußgeld von 80 EUR (Anlage "Bußgeldkatalog" Nr. 153 zu § 1 Abs. 1 der Bußgeldkatalog-Verordnung) geahndet.[2] Details über die Kennzeichnung regelt die "Kennzeichnungsverordnung".[3]

 

Rz. 5

In der Kennzeichnungsverordnung sind bereits einige Fahrzeuggruppen von der Kennzeichnungspflicht und der Einbeziehung in die Verkehrsverbote ausgenommen (§ 2 Abs. 3 der 35. BImSchV: Krankenfahrzeuge, aber z.B. auch Oldtimer). Dort ist den Straßenverkehrsbehörden auch die Möglichkeit der Zulassung von Ausnahmen von den Fahrverboten für Fahrzeuge ohne Plakette eingeräumt, wenn das im öffentlichen Interesse liegt oder aufgrund überwiegender oder unaufschiebbarer Interessen Einzelner geboten ist (§ 1 Abs. 2 der 35. BImSchV: z.B. mangelnde/eingeschränkte technische Nachrüstbarkeit von Fahrzeugen – gebührenpflichtig und in der Regel mit einer Fahrtenbuchauflage verbunden). Eine weitere Möglichkeit zur Ausnahme vom Verkehrsverbot lässt § 40 Abs. 1 S. 2 BImSchG zu, wenn unaufschiebbare und überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern.

[1] Im Rahmen der Zielsetzung dieses Buches kann nur eine kurze Übersicht über die Systematik und die Grundprobleme sowie die bislang vorliegende Rechtsprechung gegeben werden.
[2] Da es sich um keine Zuwiderhandlung mit Bezug zur Verkehrssicherheit handelt, ist diese Tat seit 1.5.2014 nicht mehr mit dem Eintrag von einem Punkt im VZR/FER belegt, dafür wurde die Höhe des Bußgeldes verdoppelt.
[3] 35. BImSchV v. 10.10.2006, BGBl I S. 2218, geändert durch Verordnung v. 5.12.2007, BGBl I S. 2793.

B. Anfechtbare Maßnahmen

I. Anordnung einer Umweltzone

1. Anfechtbare Maßnahmen

 

Rz. 6

Aktionspläne wie Luftreinhaltpläne sind nicht selbstständig anfechtbar. Sie sind rechtlich als Handlungspläne konzipiert, die in ihrer Rechtsnatur Verwaltungsvorschriften ähnlich sind und für Private und für Anlagenbetreiber weder Rechte noch Pflichten begründen.[4]

 

Rz. 7

Gegenstand einer rechtlichen Überprüfung ist die nach außen wirkende Maßnahme der Anordnung einer Umweltzone nach § 40 BImSchG, die durch das Aufstellen der in Anlage 2 zur StVO in Lf...

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