Rz. 20

Das Interesse des Bürgers kann auch darin liegen, dass die Behörde die Aufstellung eines Verkehrszeichens anordnet bzw. anordnen soll

Verkehrsbeschränkungen zugunsten von Grundstückseigentümern zum Schutz vor verkehrsbedingten Erschütterungen,[27]
Schutz der Wohnbevölkerung bei Mautausweichverkehr,[28]
Durchfahrtsverbote für die von ihm bewohnte Straße (Verkehrsverbot für Lkw),[29]
Durchfahrtsverbot bzw. verkehrsbeschränkende Maßnahmen zur Verhinderung einer Verkehrslärmbelästigung,[30]
Errichtung einer 30-km/h-Zone,[31]
Aufstellung eines Haltverbots gegenüber einer Grundstücksausfahrt, damit Anwohner sein Grundstück überhaupt erst mit seinem Pkw anfahren kann.[32]
Führt eine zwar rechtlich nicht zu beanstandende Änderung der Straßenführung zu einer markant ansteigenden Zahl von Verkehrsunfällen, die ihrerseits jedes Mal zu Schäden beim Straßenanlieger führen, die dann jeweils von der Kfz-Haftpflicht des Schädigers reguliert werden, so kann der hiervon betroffene Anlieger zum Schutz seiner Rechte und zur Vermeidung künftiger Schädigung die Aufstellung von Verkehrszeichen verlangen (z.B. Geschwindigkeitsbegrenzung, zu erhöhter Aufmerksamkeit mahnende Gefahrenzeichen i.S.d. § 40 StVO.

Ficht der Kläger nicht nur ein angeordnetes Verbot an, was mit Anfechtungswiderspruch und Anfechtungsklage zu verfolgen wäre, sondern begehrt er darüber hinaus weitergehend den Erlass verkehrsregelnder Maßnahmen, so ist eine Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage zulässig. Dafür genügt es, wenn der Kläger mit dem Antrag auf Aufhebung der bisherigen Regelung zugleich erklärt, es sei ihm auch recht, wenn andere verkehrsrechtliche Anordnungen oder bauliche Maßnahmen getroffen würden, die seinem Interesse entgegenkommen.[33]

 

Rz. 21

Lehnt die Behörde das Aufstellen eines Verkehrszeichens ab, so ist auch hier – sofern Landesrecht dies nicht ausschließt – grundsätzlich zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Ein Widerspruchsverfahren ist aber z.B. unter den Voraussetzungen des § 75 VwGO ("Untätigkeitsklage") entbehrlich.[34] Eine Entbehrlichkeit des Vorverfahrens kann sich auch "aus der Geschichte des Verfahrens" ergeben.[35]

 

Rz. 22

Ist ein Widerspruchsverfahren durchgeführt, so muss nach dessen erfolglosem Abschluss dann Verpflichtungsklage zum VG erhoben und dabei das Aufstellen des entsprechenden Schildes begehrt werden. Insofern gelten die oben beschriebenen Grundsätze.

[27] BVerwG, Urt. v. 26.9.2002 – 3 C 9.02, NJW 2003, 601 = DAR 2003, 44 = zfs 2003, 147.
[28] Zur Rechtmäßigkeit: BVerwG, Urt. v. 13.3.2008 – 3 C 18.07, NJW 2008, 2867 = zfs 2008, 714.
[29] HessVGH NJW 1989, 2767; dazu auch BVerwG zfs 2011, 52; BayVGH zfs 2010, 56 und dazu BVerwG SVR 2010, 476.
[30] OVG NRW NVwZ 1983, 101; BayVGH zfs 1996, 79; VG Berlin NVwZ-RR 1996, 257; VGH BW NZV 1997, 532 = zfs 1997, 436 = NVwZ-RR 1998, 682 = VBlBW 1998, 28.
[31] VGH BW zfs 1993, 394, 395; VG Berlin, Urt. v. 4.1.2016 – 11 K 132.15, juris: Wenn ein Luftreinhalteplan dies vorsieht, kann ein Anspruch auf Einrichtung einer Tempo-30-Zone bestehen; dazu unten siehe Rdn 28.
[32] BVerwG DÖV 1971, 461 = DVBl 1971, 268; OVG Saarland, zfs 2002, 361; BayVGH zfs 1998, 196; VG Saarland zfs 1998, 118 m.w.N.; vgl. auch § 54 Rdn 41 ff.; dazu auch BayVGH, Beschl. v. 26.2.2013 – 11 C 13.32, SVR 2013, 317.
[33] VG Berlin VerkMitt. 2004, 23.
[34] Vgl. dazu VGH BW zfs 1997, 436.
[35] VGH BW zfs 1997, 436.

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