Rz. 24

Da die Zahl der selbst im innerstädtischen Bereich mit hohen Geschwindigkeiten durchgeführten gefährlichen Wettfahrten stark zunahm, aber das Gesetz hiergegen kein ausreichendes Abschreckungspotenzial vorhielt – eine Straßenverkehrsgefährdung (§ 315c StGB) setzt bekanntlich den Nachweis eines "Beinaheunfalls" voraus – hat der Gesetzgeber mit § 315d StGB eine Regelung geschaffen, die neben einem konkreten Gefährdungsdelikt und einer Erfolgsqualifikation ausdrücklich auch ein abstraktes Gefährdungsdelikt enthält. Danach wird bereits die Teilnahme an einem illegalen Rennen (das selbst bei einem Einzelraser bejaht werden kann) mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft, ohne dass eine Gefährdung durch den Raser nachgewiesen werden müsste.

Allerdings bereitet das Gesetz mit seinen unbestimmten Rechtsbegriffen erhebliche Auslegungsschwierigkeiten, z.B. wie das in der Nr. 2 unter Strafe gestellte Rennen zu definieren ist und ob hierfür neben einem kompetitiven Handeln das Durchfahren einer Mindeststrecke mit sehr hohen Geschwindigkeiten Voraussetzung ist.

Nach Auffassung des Kammergerichts (Beschl. v. 7.6.2017 – 3 Ws [B] 117/17) erfordert das Merkmal "Rennen" nicht die Erzielung von absoluten Höchstgeschwindigkeiten, auch nicht das Durchfahren einer längeren Strecke, es soll vielmehr ausreichen, dass die betroffenen Kraftfahrzeugführer das Beschleunigungspotenzial ihrer Gefährte vergleichen.

Zweifel an einer so weiten Auslegung sind nicht zuletzt im Hinblick auf das von Art. 103 GG geforderte Bestimmtheitsgebot angebracht (s. auch KG NZV 2019, 314), zumal bei einer solchen Auslegung z.B. auch Mopedfahrer, die nebeneinander mit einem Kavalierstart von der Ampel anfahren, unter den Tatbestand fallen könnten.

 

Rz. 25

Noch problematischer ist die Nr. 3, nach der derjenige "der sich als Kraftfahrzeugführer mit nichtangepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen" unter Strafe gestellt wird.

Einigkeit besteht zwar darin, dass sich der Begriff der höchstmöglichen Geschwindigkeit nicht allein an der mit dem Fahrzeug überhaupt erreichbaren Höchstgeschwindigkeit orientieren kann, sondern es auf die in der konkreten Situation erzielbare ankommt (LG Berlin NZV 2018, 481; KG NZV 2019, 314), ungeklärt ist aber, ob zusätzlich ein Renncharakter festgestellt werden muss, die Tathandlung also nur erfüllt ist, wenn sie von der Absicht getragen ist, die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen (so z.B. LG Stade DAR 2018, 577).

Ebenso wenig geklärt ist, ob das Erreichen der höchstmöglichen Geschwindigkeit ein Hauptbewegungsgrund darstellen muss[2] oder ob es ausreicht, wenn es sich nur um ein notwendiges Zwischenziel handelt (so LG Berlin NZV 2019, 315), eine Frage der z.B. in Fällen einer Polizeiflucht entscheidende Bedeutung zukommt, da dort eine höchstmögliche Geschwindigkeitserzielung auch als Zwischenziel nur dann unterstellt werden kann, wenn die Flucht nur mit einer solchen gelingen kann, wovon das OLG Stuttgart (zfs 2019, 482) in diesem Falle ausgeht.

Ist der Tatbestand erfüllt, wird neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe als Regelfall auch die Fahrerlaubnis entzogen; § 69a Abs. 2 StGB ist unter seiner Nr. 1a jetzt um das Kraftfahrzeugrennen erweitert worden.

Des Weiteren kommt gem. § 74 StGB die Einziehung des Kraftfahrzeuges in Frage. Bei der Entscheidung muss allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden (LG Berlin NZV 2019, 541).

 

Rz. 26

 

Achtung: Tödlicher Unfall

Beteiligte eines illegalen Autorennens mit tödlichem Ausgang haben sogar mit einer Verurteilung wegen Mordes bzw. Totschlages zu rechnen, zumal nach überwiegender Meinung die Hoffnung des Täters, selbst nicht zu Schaden zu kommen, einen Eventualvorsatz bezüglich der Tötung anderer nicht ausschließe (BGH DAR 2018, 390; NZV 2019, 306).

Zur Abgrenzung des Eventualvorsatzes von bewusster Fahrlässigkeit bei illegalen Autorennen: BGH DAR 2018, 377.

[2] So Schönke/Schröder/Hecker § 315d Anm. 9.

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