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Die "Shared Space"-Idee der stärkeren Durchmischung der Verkehrsarten ist grundsätzlich nicht neu. Sie setzt die Debatten um die Verkehrssicherheit, das Miteinander im Straßenverkehr und vor allem auch um Zulässigkeit und Grenzen der Verkehrsberuhigung fort. "Shared Space" ist keine verkehrsrechtliche Anordnung, sondern vielmehr ein Planungsansatz. Die vorhandenen Instrumente der geltenden StVO und ihrer VwV bieten verschiedene Möglichkeiten zur StVO-konformen Umsetzung[70] des "Shared Space"-Gedankens. Verbunden mit einer Beschilderung sind immer auch Umgestaltungen durch bauliche Maßnahmen (z.B. Maßnahmen zur Geschwindigkeitsdämpfung) nötig, um die Einheit von Planung, Bau und Betrieb zu gewährleisten.[71]

Bauplanungsrecht

§ 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB: Festsetzung von Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung im Bebauungsplan
Berücksichtigung einer nachhaltigen Verkehrspolitik in der Bauleitplanung gehört zu den Grundsätzen der Bauleitplanung in § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB (Belange des Verkehrs)
Straßenrecht (Verkehrsflächen können straßenrechtlich für den Mischverkehr gewidmet werden)

Straßenverkehrsrecht

§ 1 StVO (Mahnung zur Vorsicht und Rücksicht im Straßenverkehr in Abs. 1; Grundregel des Abs. 2)
§ 2 Abs. 2 StVO (Rechtsfahrgebot)
§ 3 StVO, insbesondere Abs. 1, Abs. 2a, Abs. 3 Nr. 1 (Geschwindigkeitsregel)
§ 8 StVO (Allgemeine Vorfahrtsregel, Ansatz hier: rechts vor links)
Verkehrsberuhigter Bereich (Zeichen 325.1 und 325.2; vgl. dazu Anlage 3 zur StVO, lfd. Nr. 12 und 13 mit den Erläuterungen unter Nr. 12)
Tempo 30-, 20- und 10-Zone (Zeichen 274.1 und 274.2)[72]
§ 10 StVO (Einfahren in Shared Space über einen abgesenkten Bordstein mit entsprechender Sorgfaltspflicht)[73]
§ 45 Abs. 1d StVO[74]

Die vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten bieten Handhabe, um Shared Spaces einzurichten.[75]

[70] Vgl. insofern auch die Empfehlungen des Arbeitskreises VII beim 50. VGT 2012.
[71] BASt (Hrsg.), Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen von Straßenumgestaltungen nach dem "Shared Space"-Gedanken, Bergisch Gladbach, 2015, Berichte der BASt, Unterreihe "Verkehrstechnik", Heft V 251, S. 15.
[72] BASt (Hrsg.), Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen von Straßenumgestaltungen nach dem "Shared Space"-Gedanken, Bergisch Gladbach, 2015, Berichte der BASt, Unterreihe "Verkehrstechnik", Heft V 251 S. 53: Die 17 untersuchten Fallbeispiele haben nach den straßenverkehrsrechtlichen Ausweisungen unterschiedliche zulässige Höchstgeschwindigkeiten: Schrittgeschwindigkeit (10 km/h) (verkehrsberuhigter Bereich Zeichen 325 StVO), 20 km/h (verkehrsberuhigter Geschäftsbereich Zeichen 274.1 StVO, "Begegnungszone"), 30 km/h (zulässige Höchstgeschwindigkeit Zeichen 274 StVO).
[73] Vgl. dazu auch Lamberz, Der abgesenkte Bordstein und der verkehrsberuhigte Bereich gem. § 10 StVO, NZV 2010, 547.
[74] BASt (Hrsg.), Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen von Straßenumgestaltungen nach dem "Shared Space"-Gedanken, Bergisch Gladbach, 2015, Forschung kompakt 18/15, S. 2, "Ergebnisse".
[75] Vgl. Kettler, NZV 2010, 169, 170 ff.; BASt (Hrsg.), Einsatzbereiche und Einsatzgrenzen von Straßenumgestaltungen nach dem "Shared Space"-Gedanken, Bergisch Gladbach, 2015, Berichte der BASt, Unterreihe "Verkehrstechnik", Heft V 251.

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