Rz. 19

Bei Errichtung ist eine Widmungsbeschränkung nicht erforderlich.[41] Der Verordnungsgeber hat den Sorgfaltsmaßstab für die Wahrnehmung von Tempo-30-Zonen über die allgemeine Sorgfaltspflicht gemäß § 1 StVO hinaus dadurch verschärft, dass er in § 39 Abs. 1a StVO bestimmt hat, dass innerhalb geschlossener Ortschaften abseits der Vorfahrtsstraßen (Zeichen 306) mit der Anordnung von Tempo-30-Zonen zu rechnen ist. Den Verkehrsteilnehmer trifft daher innerorts regelmäßig die gesteigerte Pflicht, sich zu vergewissern, ob er sich in einer Tempo-30-Zone befindet.[42]

 

Rz. 20

Die Zonen-Geschwindigkeitsbegrenzung kommt nur in Betracht, wo der Durchgangsverkehr von geringer Bedeutung ist. Vorrangig dient sie dem Schutz der Wohnbevölkerung sowie der Fußgänger und Radfahrer. In Gewerbe- oder Industriegebieten kommen sie daher grundsätzlich nicht in Betracht (VwV zu § 45 StVO, XI Nr. 2).

 

Rz. 21

Durch § 45 Abs. 1c StVO ist die Errichtung von Tempo-30-Zonen erleichtert worden. Die Anordnung von Tempo-30-Zonen (Zeichen 274.1) wird durch die grundsätzliche Vorfahrtsregelung "rechts vor links", das Fehlen von Lichtzeichen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtigen Radwegen unterstützt.

 

Rz. 22

Darüber hinaus sind bauliche Veränderungen wie z.B. Einengungen, Schwellen etc. zur Kenntlichmachung von Tempo-30-Zonen nicht mehr generell zwingend erforderlich. Stattdessen soll die dem fließenden Verkehr zur Verfügung stehende Fahrbahnbreite erforderlichenfalls eingeengt werden (Markierung von Parkständen und Sperrflächen). Dabei darf dadurch allerdings keine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, keine Lärmbelästigung für Anwohner und keine Erschwerung des Buslinienverkehrs erfolgen (VwV zu § 45 StVO, XI, Nr. 3a).

 

Rz. 23

Tempo-30-Zonen werden innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf von der Straßenverkehrsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde angeordnet. Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) kommen dabei nicht in Betracht (§ 45 Abs. 1c S. 2 StVO). In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden (§ 45 Abs. 1d StVO).

 

Rz. 24

Der mit der Zonenanordnung ("Tempo-30-Zone") verbundene teilweise Verzicht auf die wiederholte Aufstellung von Verkehrszeichen, der den Sichtbarkeitsgrundsatz lockert, setzt voraus, dass dem Kraftfahrer stets klar ist, dass er sein Fahrzeug innerhalb einer geschwindigkeitsbeschränkten Zone steuert. Die strikte Beachtung der VwV zu Zeichen 274.1 und 274.2 ist daher notwendig.[43]

Danach ist am Anfang der Zone das Zeichen 274.1 so aufzustellen, dass es bereits auf ausreichende Entfernung vor dem Einfahren in den Bereich wahrgenommen werden kann. Dazu kann es erforderlich sein, dass das Zeichen vor Einmündungen oder Kreuzungen abgesetzt oder beidseitig aufgestellt wird.

 

Rz. 25

Nachdem das "Zonenbewusstsein" nunmehr durch § 45 Abs. 1c StVO "gesteuert" wird, bedarf es keiner gesonderten Feststellung eines Zonenbewusstseins mehr.[44]

 

Rz. 26

Auch wenn das sog. Zonenbewusstsein nicht mehr erforderlich ist,[45] muss ein weitgehend einheitliches Erscheinungsbild der Straßen innerhalb der Zone sichergestellt werden (VV zu § 45 StVO, XI, Nr. 3). Die durch diese Regelungen vorgegebenen Merkmale dienen zugleich der Orientierung des Kraftfahrers darüber, dass er sich in einer Tempo-30-Zone befindet.[46]

Die Fortdauer der Zonen-Anordnung kann in großen Zonen durch Aufbringung von "30" auf der Fahrbahn verdeutlicht werden. Dies empfiehlt sich auch dort, wo durch Zeichen 301 Vorfahrt an einer Kreuzung oder Einmündung angeordnet ist (VV zu § 45 StVO, XI, Nr. 3c).

 

Rz. 27

Die Straßenverkehrsbehörden ordnen Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an (§ 45 Abs. 1c S. 1 StVO). Trotz des Wortlauts handelt es sich um eine Ermessensentscheidung.[47] Die Anordnung ist auf Antrag der Gemeinde vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen und Merkmale nach der StVO und der VwV vorliegen oder mit der Anordnung geschaffen werden können (VV zu § 45 StVO, XI, Nr. 5).

Der Gemeinde steht gegenüber der Straßenverkehrsbehörde ein Anspruch auf angemessene Berücksichtigung ihrer örtlichen Verkehrsplanung bei deren Anordnung einer geschwindigkeitsbeschränkten Zone zu. Diesen kann sie gegebenenfalls klageweise geltend machen. Dies gilt auch, wenn die Gemeinde als untere Straßenverkehrsbehörde durch fachaufsichtliche Weisung der höheren Straßenverkehrsbehörde an der Umsetzung der geplanten Einrichtung einer solchen Zone gehindert wird.[48]

 

Rz. 28

Die Zonenanordnung darf keine Gesichtspunkte der Verkehrssicherheit außer Acht lassen.

Als Zielvorstellung darf die Zonenanordnung auf die in § 45 Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 1b StVO genannten Zwecke (vor allem Sicherheit und Ordnung des ...

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