Rz. 48

Die nachstehenden Kindschaftssachen können nach § 137 Abs. 3 FamFG Folgesachen sein.

Verfahren die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge,
das Umgangsrecht oder
die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten oder
das Umgangsrecht eines Ehegatten mit dem Kind des anderen Ehegatten betreffen,

wenn ein Ehegatte vor Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache die Einbeziehung in den Verbund beantragt, es sei denn, das Gericht hält die Einbeziehung aus Gründen des Kindeswohls nicht für sachgerecht.

 

Rz. 49

 
Hinweis

Wichtig

Nur wenn beantragt wird, die Kindschaftssache als Folgesache zu behandeln, wird diese in den Verbund aufgenommen, da Kindschaftssachen nicht im Zwangsverbund sind, § 137 Abs. 3 FamFG. Ohne Antrag ist das Amtsgericht – Familiengericht – München im Beispielfall örtlich zuständig; die Kindschaftssache wird dort aber als isoliertes (selbstständiges) Verfahren fortgeführt.

 

Rz. 50

Folgesachen nach § 137 Abs. 2 FamFG sind:

1. Versorgungsausgleichssachen,
2. Unterhaltssachen, sofern sie die Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinschaftlichen Kind oder die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen mit Ausnahme des vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger,
3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen und
4. Güterrechtssachen,

wenn eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und die Familiensache spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache von einem Ehegatten anhängig gemacht wird. Für die Durchführung des Versorgungsausgleichs bedarf es keines Antrags.

 

Rz. 51

Werden zuvor selbstständige Familiensachen (z.B. Unterhalt) in den Verbund mit einbezogen, so bleiben die vor Eintritt des Verbundes in den selbstständigen Verfahren angefallenen Gebühren und Auslagenpauschalen bestehen.

Die nach dem Eintritt des Verbundes anfallenden Gebühren sind nach dem Gesamtverfahrenswert des Verbundes berechnet. Da jedoch das zunächst selbstständige Verfahren und das spätere Verbundverfahren dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RVG darstellen, können die gleichen Gebühren auch nur einmal entstehen.

 

Rz. 52

Entsteht im Verbundverfahren später eine Gebühr, die im selbstständigen Verfahren noch nicht entstanden ist, so ist die Abrechnung unproblematisch, da die Gebühr in vollem Umfang stehen bleibt. Schwieriger liegt der Fall, wenn im Verbund nach dem Gesamtwert eine Gebühr entsteht, die bereits zuvor im selbstständigen Verfahren entstanden ist.

 

Rz. 53

Während die im selbstständigen Verfahren entstandene Gebühr nach dem Wert des Gegenstandes für das selbstständige Verfahren berechnet worden ist, bildet dieser Gegenstandswert nach Verbund nur noch einen Teil des Gesamtverfahrenswertes. Aus diesem Grund muss die anteilige Gebühr der Folgesache an der Gesamtgebühr des Verbundes berechnet werden.

 

Beispiel

Es ist ein isoliertes Sorgerechtsverfahren anhängig.

Wert: 3.000,00 EUR. Es kam bisher noch zu keinem Termin.

Nun wird anhängig die Scheidung (Wert: 45.000,00 EUR); Versorgungsausgleich (Wert: 3.000,00 EUR), elterliche Sorge (Wert: 3.000,00 EUR). Nach Verhandlung ergeht ein Beschluss.

Vor der Einbeziehung in den Verbund sind entstanden:

 
1,3 Verfahrensgebühr aus 3.000,00 EUR 261,30 EUR
Auslagenpauschale 20,00 EUR

Zwischensumme

zzgl. Umsatzsteuer
281,30 EUR

Im Verbund sind entstanden:

 
1,3 Verfahrensgebühr aus 51.000,00 EUR 1.622,40 EUR
1,2 Terminsgebühr aus 51.000,00 EUR 1.497,60 EUR
Auslagenpauschale 20,00 EUR

Zwischensumme

zzgl. Umsatzsteuer
3.140,00 EUR

Nun ist zu ermitteln, wie hoch die Verfahrensgebühr (nur diese ist hier betroffen) für die einzelnen Verfahren gewesen wäre:

 
1,3 Verfahrensgebühr aus 45.000,00 EUR 1.414,40 EUR
1,3 Verfahrensgebühr aus 3.000,00 EUR 261,30 EUR
1,3 Verfahrensgebühr aus 3.000,00 EUR 261,30 EUR
Summe der Einzelgebühren 1.937,00 EUR

Formel:

Gesamtgebühr aus Verbundverfahren

= 1.622,40 EUR × Einzelgebühr aus isoliertem Sorgerechtsverfahren 261,30 EUR geteilt durch die Summe der Einzelgebühren = 1.937,00 EUR ergibt: 218,86 EUR.

Der Rechtsanwalt kann also für das isolierte Verfahren nur noch eine Verfahrensgebühr in Höhe von (261,30 EUR abzgl. 218,86 EUR =) 42,44 EUR fordern.

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