Rz. 237

Es war in den vergangenen Jahren oft strittig, ob bei einer Einigung über das Sorgerecht eine Einigungsgebühr entstehen kann, wobei die h.M. den Anfall einer Einigungsgebühr bejaht hat.[166]

Auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber 2004 in § 48 Abs. 3 RVG die Erstreckung der Beiordnung auf eine Einigung im Sinne der Nr. 1000 VV über Sorge- und Umgangsrecht aufgenommen hatte, sprach dafür, dem Rechtsanwalt bei einer entsprechenden Einigung die Einigungsgebühr zuzubilligen.

 

Rz. 238

Mit der FGG-Reform wurde Abs. 5 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV RVG klarstellend wie folgt gefasst:[167]

Zitat

Die Gebühr entsteht nicht in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen (§ 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG). Wird ein Vertrag, insbesondere über den Unterhalt, im Hinblick auf die in Satz 1 genannten Verfahren geschlossen, bleibt der Wert dieser Verfahren bei der Berechnung der Gebühr außer Betracht. In Kindschaftssachen ist Absatz 1 Satz 1 und 2 auch für die Mitwirkung an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, entsprechend anzuwenden.

 

Rz. 239

Der Gesetzgeber begründet die Anfügung des Satz 2 in Absatz 5 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV RVG wie folgt:

Zitat

Mit dem neuen Absatz 5 Satz 2 soll nunmehr im Gesetz ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Einigungsgebühr in Kindschaftssachen auch dann entstehen kann, wenn die Beteiligten nicht vertraglich über den Gegenstand der Einigung verfügen können. Dies unterstreicht die besondere Bedeutung der Streit vermeidenden Einigung gerade in Kindschaftssachen und entspricht der derzeitigen Rechtsprechung.

 

Rz. 240

In der neueren Rechtsprechung wird der Anfall einer Einigungsgebühr in Sorgerechtsverfahren auch entsprechend überwiegend bejaht.[168]

Die Festsetzung einer Einigungsgebühr kommt nach Ansicht des OLG Düsseldorf in Verfahren nach § 1666 BGB nicht in Betracht[169] Bei § 1666 BGB handelt es sich um gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls, wie z.B.

Gebote, öffentliche Hilfen, wie z.B. Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
Gebote für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
Verbote, vorrübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge oder
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge, § 1666 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 BGB.

Das OLG Düsseldorf weist in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass in Sorgerechtsverfahren nach §§ 1671, 1672[170] BGB eine Einigungsgebühr sehr wohl entstehen kann. Die Einigungsgebühr in Kinderschutzverfahren nach § 1666 BGB wird vom OLG Düsseldorf verneint, weil in derartigen Verfahren der Staat sein Wächteramt über das Kindeswohl nach Art. 6 Abs. 2 S. 3 GG wahrnimmt, das den Jugendämtern und Familiengerichten übertragen ist und in derartigen Verfahren weder das Familiengericht noch das Jugendamt Vergleichsabschlüsse tätigen können. Weiter weist das OLG Düsseldorf darauf hin, dass in Verfahren nach § 1666 BGB von Amts wegen und ohne Bindung an etwa getroffene Absprachen der Eltern das Verfahren wieder aufzunehmen und ein neues Verfahren einzuleiten ist, wenn sich neue Anhaltspunkte ergeben, dass das Kindeswohl weiterhin gefährdet ist. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf ist daher in derartigen Sorgerechtsverfahren zu unterscheiden.

 

Rz. 241

Eine förmliche Protokollierung der Vereinbarung zum Umgangs- oder Sorgerecht ist nach Ansicht des OLG Dresden nicht erforderlich.[171] Ebenso entschieden hat das OLG Stuttgart;[172] demnach reicht es aus, dass glaubhaft gemacht wird, dass die Beteiligten eine Vereinbarung i.S.v. Nr. 1000 VV RVG geschlossen haben. Einer Protokollierung dieser Vereinbarung bedarf es nicht.[173]

 

Rz. 242

Muster 31: Musterrechnung 4.31: Isoliertes Sorgerechtsverfahren – Einigung auch betreffend Umgangsrecht, das nicht rechtshängig war mit Terminsgebühr aus beiden Werten

 

Musterrechnung 4.31: Isoliertes Sorgerechtsverfahren – Einigung auch betreffend Umgangsrecht, das nicht rechtshängig war mit Terminsgebühr aus beiden Werten

Rechtsanwältin Z stellt im Auftrag ihres Mandanten den Antrag, ihm das alleinige Sorgerecht für das Kind Frederick zu übertragen. Im Termin einigen sich die Beteiligten darauf, dass das Sorgerecht bei der Mutter verbleibt, dem Vater aber ein großzügiges Umgangsrecht (das im Termin ebenfalls erörtert wurde) eingeräumt wird.

 
Gegenstandswert:
Sorgerecht 3.000,00 EUR §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG
Umgangsrecht 3.000,00 EUR §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG
addiert 6.000,00 EUR § 22 Abs. 1 RVG
 

1,3 Verfahrensgebühr aus 3.000,00 EUR

Nr. 3100 VV RVG
261,30 EUR

0,8 Differenzverfahrensgebühr aus 3.000,00 EUR

Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG
160,...

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