Rz. 553

Nach § 137 Abs. 1 FamFG ist über Scheidung und Folgesachen zusammen zu verhandeln und zu entscheiden (Verbund). Gemeinsam zu "verhandeln" bedeutet aber nicht, dass nicht in einer Folgesache eine eigene Verhandlung erfolgen kann, z.B. wenn wegen des Zugewinnausgleichs eine Beweisaufnahme erfolgen muss (Feststellung des Anfangsvermögens etc.).

 

Rz. 554

Wird eine Scheidungssache nach § 136 FamFG ausgesetzt, so sind von der Aussetzung auch sämtliche Verbundverfahren erfasst.

Die Entscheidung im Verbund erfolgt sowohl hinsichtlich der Scheidung als auch hinsichtlich der Verbundverfahren einheitlich durch Beschluss, § 142 Abs. 1 FamFG.

 

Rz. 555

Folgesachen nach § 137 Abs. 2 FamFG können sein:

1. Versorgungsausgleichssachen,
2. Unterhaltssachen, sofern sie die Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinschaftlichen Kind oder die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen mit Ausnahme des vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger,
3. Ehewohnungs- und Haushaltssachen und
4. Güterrechtssachen,

wenn eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und die Familiensache spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache von einem Ehegatten anhängig gemacht wird.

 

Rz. 556

 

Beispiel

Das Gericht hat Termin zur Scheidung auf den 14.05. anberaumt. Am 07.05. desselben Jahres erscheint die Mandantin in der Kanzlei und teilt dem Anwalt mit, dass sie sich wegen des Zugewinnausgleichs doch nicht mit ihrem getrennt lebenden Ehemann einigen könne, sie möchte die gerichtliche Geltendmachung.

Kann der Zugewinnausgleich noch im Verbund anhängig gemacht werden?

Nein, denn nach der Fristenregelung wäre die Einbeziehung zu spät und ist daher nicht möglich, § 137 Abs. 2 FamFG.

 

Rz. 557

 

Hinweis

Für die Durchführung des Versorgungsausgleichs in den Fällen der §§ 6 bis 19 und 28 des Versorgungsausgleichsgesetzes bedarf es keines Antrags. Es bleibt für derartige Verfahren beim bisherigen Zwangsverbund, § 137 Abs. 2 S. 2 FamFG.

 

Rz. 558

Folgesachen sind auch Kindschaftssachen, § 137 Abs. 3 FamFG

die die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge,
das Umgangsrecht oder
die Herausgabe eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten oder
das Umgangsrecht eines Ehegatten mit dem Kind des anderen Ehegatten betreffen,

wenn ein Ehegatte vor Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache die Einbeziehung in den Verbund beantragt, es sei denn, das Gericht hält die Einbeziehung aus Gründen des Kindeswohls nicht für sachgerecht.

 

Rz. 559

 

Hinweis

Für Kindschaftssachen soll die Fristenregelung (zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung) wie für andere Verbundverfahren nach § 137 Abs. 2 FamFG nicht gelten.

Kindschaftssachen sind damit nicht automatisch im Verbund, wenn sie anhängig gemacht werden. Die Einbeziehung erfolgt erst dann, wenn ein entsprechender Antrag eines Ehegatten gestellt wird.

 

Rz. 560

 

Beispiel

Das Gericht hat Termin zur Scheidung auf den 14.05. anberaumt. Am 07.05. desselben Jahres erscheint die Mandantin in der Kanzlei und teilt dem Anwalt mit, dass sie nun doch nicht das gemeinsame Sorgerecht beibehalten möchte, sondern vielmehr will, dass der Anwalt einen Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter alleine beantragt.

Kann das Sorgerecht noch im Verbund anhängig gemacht werden?

Ja, denn die Fristenregelung gilt für Kindschaftssachen nicht, § 137 Abs. 3 FamFG.

 

Rz. 561

Von einer Aufnahme weiterer Familiensachen (vgl. § 266 FamFG) in den Katalog des § 137 Abs. 2 FamFG wurde abgesehen, um das Verbundverfahren nicht zu überfrachten, was zu einer übermäßigen Verzögerung des Scheidungsverfahrens führen könnte.

Im Fall der Verweisung oder Abgabe werden Verfahren, die Folgesachen nach § 137 Abs. 2 u. 3 FamFG wären, mit Anhängigkeit bei dem Gericht der Scheidungssache zu Folgesachen, § 137 Abs. 4 FamFG.

 

Rz. 562

 

Praxistipp

Sofern zeitlich gestaffelt mehrere Anträge auf Einbeziehung einer Folgesache gestellt werden, und dies nur der Verzögerung des Scheidungsausspruchs dienen soll, kann auf Antrag nach § 140 Abs. 2 Nr. 5 FamFG vorab über den Scheidungsantrag entschieden werden.

Verbundverfahren gelten nach § 44 FamGKG zusammen mit den Folgesachen (§ 121 Nr. 1 FamFG i.V.m. § 137 Abs. 1 FamFG) ein (1) Verfahren. Sowohl die Gerichtskosten berechnen sich nach Nr. 1100 KV FamGKG aus dem addierten Wert (§ 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG), als auch für den Anwalt ist von einer (1) gebührenrechtlichen Angelegenheit auszugehen, § 14 Nr. 4 RVG, sodass die Gebühren nur einmal gefordert werden können, § 15 Abs. 2 RVG. In derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit werden mehrere Gegenstände addiert, § 22 Abs. 1 RVG.

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