Rz. 12

Ebenfalls unter dem Stichwort der Freiwilligkeit werden Fälle diskutiert, in denen gegen das sogenannte Kopplungsverbot verstoßen wird. Fraglich ist, ob die Freiwilligkeit der Einwilligungserklärung dort ihre Grenze finden muss, wo dem Betroffenen seine Einwilligung von einer stärkeren Partei "abgepresst" wird.[22] Problematisch soll es insbesondere sein, wenn die Gewährung einer Leistung von einer Einwilligung in die Datenverarbeitung abhängig gemacht wird, die nicht dem eigentlichen "Geschäft" dient.[23] Dementsprechend wird vertreten, dass die Einwilligung nicht mehr auf einer freien Entscheidung des Betroffenen beruhen könne, wenn dieser durch übermäßige Anreize finanzieller oder sonstiger Natur zur Preisgabe seiner Daten verleitet wurde.[24]

 

Rz. 13

Ob Anreize finanzieller oder sonstiger Natur unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten tatsächlich dazu führen können, dass die Einwilligung des Betroffenen nicht mehr auf seiner freien Entscheidung beruht, ist hingegen fraglich und nach hiesiger Ansicht im Ergebnis abzulehnen.

 

Rz. 14

Es ist durchaus möglich, dass – unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten – Einwilligungserklärungen auch "käuflich" erworben werden können, soweit der Betroffene über Sinn und Zweck der erkauften Einwilligung hinreichend informiert ist und ihm die Möglichkeit verbleibt, seine einmal erteilte Einwilligung zu widerrufen.[25] Insoweit schließt nicht jedes Werbegeschenk oder die Chance, einen bestimmten Preis zu gewinnen, das Vorliegen einer freien Entscheidung aus. Auch wenn die Leistung nur gegen die Preisgabe von Daten angeboten wird, wird es nicht generell an der Freiwilligkeit der Einwilligungserklärung fehlen,[26] solange es sich um eine "freiwillige" Leistung des Verantwortlichen handelt, die der Betroffene auch auf andere Weise erlangen kann. In einem solchen Fall ist die Erteilung einer – im Übrigen den Anforderungen des Art. 4 Nr. 11 DSGVO entsprechenden – Einwilligung vielmehr als Äquivalent einer ansonsten zu leistenden finanziellen Gegenleistung anzusehen. Es erschließt sich nicht, warum nicht auch die Preisgabe von bestimmten Daten zum Gegenstand eines "Rechtsgeschäftes" gemacht werden können sollte.[27]

 

Rz. 15

In diesem Fall kann auch vom Grundsatz der jederzeitigen Widerruflichkeit in Art. 7 Abs. 3 DSGVO abgewichen werden. Denn, wird die Einwilligung zum Gegenstand eines konkreten Vertrages gemacht, kann ihr Widerruf eine Verletzung der übernommenen Hauptleistungspflicht des Betroffenen (hier: Einräumung der Befugnis zur Datennutzung innerhalb des vertraglich festgelegten und "erworbenen" Zweckes) darstellen.[28] In diesem Fall dient der Ausschluss des Widerrufsrechts der Ausübung von Rechtsansprüchen des Verantwortlichen im Sinne des Art. 21 Abs. 1 DSGVO, mit der Folge, dass der Widerruf der Einwilligung nur noch unter engen Voraussetzungen möglich und zulässig ist. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn eine von der Einwilligung abweichende Verarbeitung erfolgt, die notwendige Datensicherung fehlt oder wegen sonstiger Umstände ein Festhalten an der Einwilligung nicht mehr zumutbar ist.[29]

 

Rz. 16

Eine andere Auffassung vertritt offenbar das OLG Köln.[30] Dieses bezog sich auf die Bestimmungen des UWG und führte mit Blick auf eine durch die datenerhebende Stelle durchgeführte Ticketverlosung für Tickets anlässlich der FIFA-WM 2006 aus, dass sich die Einflussnahme auf die Entscheidung des Verbrauchers, ob er die erforderliche Einwilligung erteilen will oder nicht, nicht nur auf die Auslobung eines attraktiven Gewinnes und den aleatorischen Anreiz beschränke. Sei die Entscheidung "in unangemessener Weise verstärkt durch die psychisch schwierige Situation, in der sich der Verbraucher befindet, wenn er erstmals von der Kopplung zwischen Gewinnspielteilnahme und Einwilligungserklärung erfahre", könne vielmehr von einer freiwilligen Erklärung nicht mehr ausgegangen werden.

 

Rz. 17

Im vom OLG Köln zu entscheidenden Fall bestand die Besonderheit darin, dass die Teilnahme von der Einwilligung in Werbemaßnahmen abhängig gemacht wurde und der Betroffene erst, nachdem er sich mit der Beantwortung einer Gewinnfrage und Anklicken der "Weiter-Schaltfläche", dem Ausfüllen der Felder mit seinen persönlichen Daten auf der Folgeseite und dem Anklicken der Schaltfläche "Senden" bereits für die Teilnahme an der Verlosung entschieden hatte, davon erfuhr. Zu diesem Zeitpunkt aber war, so das OLG Köln weiter, der auf den Verbraucher ausgeübte psychische Druck zu einer Entscheidung für die Abgabe seiner Einwilligungserklärung bereits derart hoch, dass von einer freiwilligen Einwilligungserklärung nicht mehr ausgegangen werden konnte. Auch das OLG Köln behauptet nicht, dass eine offene Kommunikation des Umstandes, dass die Teilnahme an dem vorbezeichneten Gewinnspiel von der Erklärung einer Einwilligungserklärung in Werbemaßnahmen abhängig gemacht wird, an sich zur Annahme von Unfreiwilligkeit führen muss. Dem OLG ist jedoch dahingehend zuzustimmen, dass eine verdeckte oder wesentlich v...

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