Rz. 25

Häufig ist es der Rechtsanwalt des Geschädigten, der den dringenden Handlungsbedarf für ein professionelles Schadensmanagement aufgrund der Schwere der Ausgangsverletzungen feststellt. Der Anwalt, der ein Schadensmanagement initiiert, bürdet sich ein gutes Stück an Mehrarbeit gegenüber dem "Normalfall" der bloßen Schadensregulierung aus einem Verkehrsunfall, auf. Aktives Schadensmanagement verlangt vom Rechtsanwalt des Geschädigten ein hohes persönliches Engagement und einen weitaus größeren Zeiteinsatz in der Schadensregulierung als unter Verzicht auf das Schadensmanagement. Zunächst sind die Verhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer zum "ob" des Schadensmanagements zu führen und es ist die Rehabilitationsvereinbarung im Zusammenwirken mit dem Geschädigten und dem gegnerischen Haftpflichtversicherer auszuarbeiten. Aktives Schadensmanagement erfordert in vielen Bereichen die Präsenz des Rechtsanwalts, wenn es um Besprechungen mit dem Geschädigten und dem Schadensmanager geht. Damit sind Anfahrtswege verbunden, da derartige Besprechungen überwiegend in der Häuslichkeit des Geschädigten stattfinden. Diese Meetings gehen mit einem hohen Beratungsbedürfnis des Geschädigten vor einem solchen Termin und in der Nacharbeit eines solchen Termins einher. Der Geschädigte ist unsicher, wie er sich im Gespräch verhalten soll. Vielfach wird dem Schadensmanager ein (unbegründetes) Misstrauen des Geschädigten entgegengebracht ob des Verdachts, der Schadensmanager stehe im Lager des Versicherers. Es erfordert vom Geschädigtenvertreter viel Einfühlungsvermögen und Sachkompetenz, dem eigenen Mandanten zu erklären, welchen Bedeutungsgehalt hier der "Code of Conduct" hat. Bei vielen Geschädigten verbleibt in der Zusammenarbeit mit dem Schadensmanager immer eine gewisse Reserviertheit und Zurückhaltung. Nicht selten gibt es in der gemeinsamen Gesprächsführung mit dem Schadensmanager, dem Geschädigten und seinem Rechtsanwalt die Situation, in der der Schadensmanager eine gewisse Loyalität zugunsten des Haftpflichtversicherers und damit zu Lasten des Geschädigten verbalisiert. Das ist oftmals dann der Fall, wenn der Geschädigte kostenintensive, therapeutische Leistungen abfordert, die in dieser Form nicht vom Sozialversicherungsträger getragen werden. Es ist immer wieder die Aufgabe des Rechtsanwalts, mit Fingerspitzengefühl auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit hinzuwirken, damit das Rehabilitationsziel erreicht werden kann.

 

Rz. 26

Die Nachbereitung derartiger gemeinsamer Besprechungstermine erfordert die Abwägung von Vor- und Nachteilen der Umsetzung einer konkreten Reha-Maßnahme. Darüber ist der Geschädigte umfänglich zu beraten. Wenn er sich dann auf eine Reha-Maßnahme einlässt, die der Fallmanager vorschlägt, ist es die Aufgabe des Rechtsanwalts, die Kontrollfunktion auszuüben, ob die Maßnahme im besprochenen Umfang umgesetzt wird und der Schadensmanager dabei seine Objektivität und Unabhängigkeit bewahrt.

 

Rz. 27

Fernerhin erfordert das Schadensmanagement vom Anwalt auch die Bewältigung zusätzlicher Papierberge: Nicht selten kommen im Laufe eines mehrjährigen Schadensmanagements zahlreiche umfängliche Ergebnisberichte und/oder Zwischenergebnisberichte zusammen, die verantwortungsvoll durchgearbeitet werden müssen und mit dem Mandanten zu besprechen sind. Das erfordert vom Rechtsanwalt auch besondere medizinische Fachkenntnisse im Rahmen der medizinischen Rehabilitation, da die Berichte zumeist durch ergänzende Befundunterlagen oder ergänzend eingeholte spezielle medizinische Stellungnahmen angereichert sind. Um also eine vom Schadensmanager vorgeschlagene Rehabilitationsmaßnahme zu erfassen, die Umsetzung kritisch zu begleiten und das erreichte Ziel zu überprüfen, bedarf es besonderer Kompetenzen des Rechtsanwalts. Derjenige Rechtsanwalt, der sich darauf einlässt, aktives Schadensmanagement für seinen Mandanten zu begleiten, wird sehr viel Zeit in die Schadensregulierung investieren müssen. Auch wird er sich mit den emotionalen Unfallfolgen seines Mandanten beschäftigen müssen. An dieser Stelle ist dann neben exzellentem juristischem Handwerkszeug die Fähigkeit zur Empathie Voraussetzung für die Schadensregulierung.

 

Rz. 28

Wegen dieser hohen Verantwortung, dem erheblichen Zeitaufwand und dem erhöhten Haftungsrisiko ist die Einbindung des Rechtsanwalts in das Schadensmanagement gebührenrechtlich von gesonderter Bedeutung. Nach einhelliger Auffassung ist das Reha-Management eine "andere Angelegenheit" im Sinne von § 15 RVG (Hugemann, Personenschaden-Management, S. 145; Buschbell, a.a.O., § 26 Rn 323). Empfohlen wird in diesem Zusammenhang der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung des Rechtsanwalts mit dem Haftpflichtversicherer in Höhe von 3,5 Gebühren nach dem Wert der Aufwendungen des Haftpflichtversicherers für das Schadensmanagement (so Hillmann/Schneider, a.a.O., § 9 Rn 581; Hugemann, a.a.O., S. 150 ff.).

 

Praxistipp

Mitunter erscheint dem Haftpflichtversicherer der Ansatz einer 3,5 Gebühr nach dem Wert der Aufwend...

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