Rz. 274

Gegen den Vollstreckungsbescheid steht dem Antragsgegner nur der Einspruch zu. Die Rechtspflegererinnerung ist ausgeschlossen (vgl. § 11 Abs. 3 S. 2 RPflG).

 

Rz. 275

 

Hinweis

Grundsätzlich ist gegen den Vollstreckungsbescheid der Einspruch geboten. Nach seiner Rechtskraft können Einwendungen nur noch geltend gemacht werden, wenn sie nach Zustellung des Vollstreckungsbescheids entstanden sind oder wenn eine Durchbrechung der Rechtskraft aus materiell-rechtlichen Gründen, z.B. wegen Sittenwidrigkeit oder wegen mangelnder Individualisierung des Anspruchs, erforderlich ist.

1. Frist

 

Rz. 276

Der Einspruch ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung einzulegen (§ 339 Abs. 1 ZPO).

 

Rz. 277

Gegen die Versäumung der Einspruchsfrist ist Wiedereinsetzung nach § 233 i.V.m. § 339 Abs. 1, 2. Hs. ZPO möglich.

 

Rz. 278

 

Tipp

Nach Erhalt des Vollstreckungsbescheids muss eine Notfrist von zwei Wochen notiert werden.

 

Rz. 279

Besonderheiten gelten, wenn die Zustellung

im Ausland oder
durch öffentliche Bekanntmachung

erfolgen muss.

 

Rz. 280

Dann wird die Einspruchsfrist nach § 339 Abs. 2 ZPO durch richterlichen Beschluss bestimmt.

2. Ausnahmen

 

Rz. 281

Im arbeitsgerichtlichen Mahnverfahren beträgt die Frist nur eine Woche (§§ 46a Abs. 1, 59 ArbGG i.V.m. § 700 Abs. 1 ZPO).

3. Form

 

Rz. 282

Bei der Einspruchsschrift ist die gleiche Form zu wahren wie beim Einspruch gegen ein Versäumnisurteil. Ein amtliches Formular hierfür existiert nicht. Die Einspruchsschrift muss enthalten:

die Bezeichnung des Vollstreckungsbescheids, gegen den der Einspruch gerichtet wird,
die Erklärung, dass gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt wird,
den Umfang der Anfechtung, wenn nur ein Teil des Vollstreckungsbescheids angefochten werden soll.
 

Rz. 283

Die Einspruchsschrift ist bei dem Gericht einzureichen, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat.

4. Unterschrift

 

Rz. 284

Ob bei schriftlicher Einlegung des Einspruches eine eigenhändige Unterzeichnung erforderlich ist, ist umstritten. Einige Instanzgerichte verneinen dies, sodass eine Einlegung durch Telegramm, Fernschreiben oder Computerfax ohne Weiteres zulässig wäre.[49] Nach herrschender Meinung ist die Unterzeichnung allerdings unabdingbar.[50]

 

Rz. 285

Die Erleichterungen des § 702 ZPO finden Anwendung. Deshalb kann ein Einspruch zur Niederschrift der Geschäftsstelle erklärt werden.

 

Rz. 286

 

Tipp

Hier sollten sie stets den sichersten Weg wählen und den Einspruch immer schriftlich und korrekt unterschrieben beim Gericht einreichen.

[49] LG Karlsruhe VersR 1973, 852; LG Heidelberg NJW-RR 1987, 1213.
[50] BGHZ 101, 134; LG Hamburg NJW 1986, 1997.

5. Die Abgabe an das Streitgericht

 

Rz. 287

Nach dem Einspruch wird die Sache ins Streitverfahren übergeleitet, und zwar ohne dass es eines Antrages bedürfte (§ 700 Abs. 3 ZPO). Hier unterscheidet sich der Einspruch vom Widerspruch (§ 696 Abs. 1 S. 1 ZPO).

 

Rz. 288

Das Mahngericht gibt die Akte an das im Mahnbescheid gem. §§ 692 Abs. 1 Nr. 1, 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO bezeichnete Prozessgericht ab.

 

Rz. 289

Nur wenn die Parteien übereinstimmend ein anderes Gericht benennen, ist an dieses abzugeben.

6. Das Verfahren bei dem Streitgericht

 

Rz. 290

Die Zulässigkeit des Einspruches wird vor der Abgabe der Sache an das Streitgericht vom Rechtspfleger nicht geprüft. Sie obliegt vielmehr dem Streitgericht. Dort ist die Sache mit Eingang anhängig.

 

Rz. 291

Das Streitgericht hat die Einspruchsschrift dem bisherigen Antragsteller von Amts wegen zuzustellen (§ 340a S. 1 ZPO) und die Zulässigkeit des Einspruches zu prüfen (§ 341 ZPO).

 

Rz. 292

Wird die Zulässigkeit bejaht, erfolgt eine Benachrichtigung des Antragstellers (des nunmehrigen Klägers) wie nach dem Widerspruch gegen den Mahnbescheid.

 

Rz. 293

Nach dem Eingang der Anspruchsbegründung verfährt das Gericht wie nach dem Eingang einer Klage. Der Vorsitzende trifft vorbereitende Verfügungen und entscheidet, ob er den frühen ersten Termin durchführen oder das schriftliche Vorverfahren anordnen will.

 

Rz. 294

Nach § 700 Abs. 4 S. 2 ZPO ist die Anwendung von § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO in diesem Fall ausdrücklich ausgeschlossen, sodass nach der Einlegung des Einspruches im schriftlichen Vorverfahren kein (zweites) Versäumnisurteil ergehen kann. Von dem Beklagten kann auch keine Verteidigungsanzeige gefordert werden. Diese liegt im Einspruch.[51]

 

Rz. 295

Bei dem Vollstreckungsbescheid, der einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Versäumnisurteil gleichsteht, handelt es sich um einen Titel, gegen den der Beklagte durch den Einspruch bereits vorgegangen ist. Darin liegt konkludent auch die Anzeige seiner Verteidigungsbereitschaft.

 

Rz. 296

Außerdem hätte ein Versäumnisurteil in diesem Verfahrensstadium den Charakter eines zweiten Versäumnisurteils und könnte nur noch sehr eingeschränkt nach § 345 ZPO angegriffen werden. Ein weiterer Einspruch wäre nicht möglich. Es gäbe auch nur noch die eingeschränkte Berufungsmöglichkeit nach § 514 Abs. 2 ZPO.

 

Rz. 297

Der Beklagte soll aber die Möglichkeit haben, seine Rechte in der mündlichen Verhandlung geltend zu machen und sich zu verteidigen. Deshalb setzt das Gericht dem Beklagten im schriftlichen V...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge