Rz. 264

Das Ertragswertverfahren als verbreitete Methode zur Ermittlung des Unternehmenswertes basiert auf der Annahme, dass der Wert eines Unternehmens hauptsächlich nach den zu erwartenden Ertragsüberschüssen, also durch sein Potential, in Zukunft Gewinne zu erzeugen, bestimmt wird.[433] Das Verfahren berücksichtigt die Anlagealternativen des Kaufinteressenten, der mit seinem Kapital entweder das Unternehmen erwerben kann oder sein Geld am Kapitalmarkt anlegt.[434] Bei dem Ertragswertverfahren entspricht der Wert des Unternehmens dem Barwert aller zukünftigen Einnahmen–Überschüsse.[435] Der Ertragswert wird somit bestimmt durch den erwarteten Unternehmenserfolg in den folgenden Jahren und durch einen Kapitalisierungszinsfuß, mit dem die zukünftigen Überschüsse auf den Bewertungsstichtag abgezinst werden.[436] Die Prognose der zukünftigen Erträge baut in der Regel auf den Werten der Vergangenheit auf.[437] Die Erträge aus der Vergangenheit sind jedoch nur ein Indikator unter vielen für die zukünftige Entwicklung des zu bewertenden Unternehmens.

 

Rz. 265

Nach den Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen gemäß IDW S 1 i.d.F. 2008 sind aufbauend auf der Vergangenheitsanalyse die künftigen finanziellen Überschüsse zu prognostizieren.[438] Dabei lassen sich für einen gewissen Zeitraum voraussichtliche Entwicklungen der finanziellen Überschüsse plausibler beurteilen und sicherer prognostizieren als für die späteren Jahre, weshalb die Planung in zwei Phasen vorgenommen wird.[439] Für die nähere erste Phase (Detailplanungsphase), die häufig einen überschaubaren Zeitraum von drei bis fünf Jahren umfasst, stehen dem Bewertenden zumeist hinreichend detaillierte Planungsrechnungen zur Verfügung.[440] In dieser zeitlich näheren Phase werden die zahlreichen Einflussgrößen meist einzeln zur Prognose der finanziellen Überschüsse veranschlagt.[441] Die Planungsjahre der ferneren zweiten Phase basieren i.d.R. – ausgehend von der Detailplanung der ersten Phase – auf langfristigen Fortschreibungen von Trendentwicklungen.[442] Die Planansätze der ersten Phase sind im Hinblick auf ihre Eignung als Bezugsgröße für die finanziellen Überschüsse der zweiten Phase zu überprüfen, wobei insbesondere folgende ausgewählte Sachverhalte zu beachten und ggf. entsprechende Anpassungen vorzunehmen sind: Berücksichtigung wesentlicher und nachhaltiger Veränderungen auf dem Absatz- und Beschaffungsmarkt, Analyse des Produkt – und Marktpotenzials auf Ausgewogenheit im Produktlebenszyklus, Analyse der Markt – und Wettbewerbspositionierung der Produkte und Leistungen im Hinblick auf noch nicht berücksichtigter Kosten für die zukünftige Marktbearbeitung.[443]

 

Rz. 266

Neben dem künftigen Unternehmenserfolg ist der Kapitalisierungszinsfuß, mit dem die künftigen finanziellen Überschüsse auf den Bewertungsstichtag diskontiert werden, bei der Unternehmensbewertung die maßgebliche Determinante des Ertragswertes. Da die künftigen finanziellen Überschüsse aufgrund der Ungewissheit der Zukunft nicht mit Sicherheit prognostiziert werden können und ein unternehmerisches Engagement stets mit Risiken und Chancen verbunden ist, lassen sich die Marktteilnehmer diese unternehmerische Unsicherheit durch Risikoprämien abgelten.[444] Der Kapitalisierungszinsfuß wird gebildet durch einen Basiszinssatz, der die Verzinsung einer risikolosen Kapitalanlage (z.B. langjährige Deutsche Bundesanleihe) darstellt und sich nach IDW – Empfehlung an der Zinsstrukturkurve orientiert und wird erhöht durch einen Risikozuschlag.[445] Dadurch wird berücksichtigt, dass sich der Basiszinssatz auf für sicher gehaltene festverzinsliche Anleihen ohne Liquidationsrisiko bezieht, der Markt aber demgegenüber für die Investition in Unternehmensbeteiligungen, die in ihrer Wertentwicklung unsicher sind, einen Zusatznutzen (Prämie, Zuschlag) erwartet, der dieses Risiko ausgleicht. Nach der Konzeption des IDW S 1 wird nicht mehr zwischen unternehmensspeziellen und allgemeinen Risiken unterschieden, sondern das gesamte Unternehmerrisiko ausschließlich im Kapitalisierungszinssatz berücksichtigt.[446] Der unternehmensspezifische Risikozuschlag soll sowohl das operative Risiko aus der betrieblichen Tätigkeit als auch das vom Verschuldensgrad beeinflusste Finanzierungsrisiko abdecken. Die konkrete Höhe des Risikozuschlags wird in der Praxis insbesondere hinsichtlich unterschiedlicher Grade der Risikoaversion nur mithilfe von Typisierungen und vereinfachenden Annahmen festzulegen sein.[447] Am Markt beobachtete Risikoprämien sind hierfür geeignete Ausgangsgrößen, die an die Besonderheiten des Bewertungsfalls anzupassen sind.[448]

 

Rz. 267

Ferner sieht das IDW für die Unternehmensbewertung die Berücksichtigung persönlicher Steuern vor, so dass sowohl die zu kapitalisierenden Erträge als auch der Kapitalisierungszinsfuß um die entsprechenden Steuern zu kürzen sind.[449] Dabei heißt es im IDW S 1 i.d.F. 2008 unter Ziffer 4.4.2.5. Ertragsteuern der Unternehmenseigner wörtlich, dass "die künftigen ...

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