A. Allgemeines

 

Rz. 1

Das gerichtliche Mahnverfahren ist in den §§ 688–703d ZPO geregelt und bietet dem Gläubiger die Möglichkeit

möglichst rasch,
einfach und
kostengünstig

einen Vollstreckungstitel gegen den Schuldner zu erwirken.

 

Rz. 2

Es handelt sich dabei um ein rasches Verfahren, da die Bearbeitungszeiten bei den Mahngerichten i.d.R. sehr kurz sind und dem Antragsgegner nur kurze Einwendungsfristen zur Verfügung stehen.

Einfach ist das Verfahren, weil für die Beantragung amtliche Formulare benutzt werden. Eine Anspruchsbegründung ist nicht erforderlich.

Das Verfahren ist ferner kostengünstig, da für das Mahnverfahren nur eine 0,5-Gerichtskostengebühr nach Nr. 1110 KV GKG (Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz), mindestens jedoch 32,00 EUR, entrichtet werden muss.

 

Rz. 3

Doch nicht immer ist das Mahnverfahren die "richtige" Verfahrensart.

 

Rz. 4

Zunächst einmal kann das Mahnverfahren nur wegen einer bestimmten Geldforderung in EUR eingeleitet werden.

Ansprüche auf Herausgabe einer Sache, Ansprüche auf Unterlassung oder Vornahme einer Handlung, aber auch Ansprüche auf Zahlung einer unbestimmten Geldforderung in EUR (z.B. unbezifferter Schmerzensgeldanspruch aus einem bestimmten Verkehrsunfall) können mit dem gerichtlichen Mahnverfahren nicht geltend gemacht werden. Bei diesen Ansprüchen ist immer eine entsprechende Klage einzureichen.

 

Rz. 5

Ferner sind in § 688 Abs. 2 ZPO drei Ausschlusstatbestände aufgeführt:

Ansprüche eines Unternehmers aus einem verzinslichen Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB) oder aus einem Finanzierungsleasingvertrag (§ 500 BGB), bei dem der effektive oder anfänglich effektive Jahreszins den bei Vertragsabschluss geltenden Basiszinssatz um mehr als 12 % übersteigt, können nicht im Wege eines Mahnverfahrens geltend gemacht werden.
Der Anspruch darf weiterhin nicht von einer noch zu erbringenden Gegenleistung abhängen. Die Angabe, dass der Anspruch entweder nicht von einer Gegenleistung abhängt (z.B. Schmerzensgeldanspruch) oder die Gegenleistung bereits erbracht worden ist, ist im Mahnantrag daher zwingend erforderlich. Ansprüche, die noch nicht fällig sind, oder eine Zug-um-Zug-Leistung können nicht im Mahnverfahren geltend gemacht werden.
Auch findet das Mahnverfahren in den Fällen nicht statt, in denen der Mahnbescheid öffentlich zugestellt werden müsste.
 

Rz. 6

Aber auch wenn das Mahnverfahren gesetzlich zulässig ist, können besondere Umstände des Falles gegen die Einleitung eines Mahnverfahrens sprechen.

Ist bspw. damit zu rechnen, dass der Antragsgegner sich gegen den Mahnbescheid zur Wehr setzen wird, so wäre das Mahnverfahren nicht der schnellste Weg, um zu einem Vollstreckungstitel zu gelangen, da erst nach einem erfolgten Widerspruch und nach Einzahlung des zweiten Gerichtskostenanteils (weitere 2,5-Gerichtskostengebühr nach Anmerkung zu Nr. 1210 KV GKG) eine Abgabe an das zuständige Streitgericht erfolgen würde. In diesem Fall wäre eine Klage effektiver, da bereits in der Klageschrift das Vorverfahren angeregt werden kann. Ferner kann der RA bereits bei Klageeinreichung für den Fall einer nicht rechtzeitigen Verteidigungsanzeige oder eines Anerkenntnisses den Erlass eines Versäumnis- oder Anerkenntnisurteils im schriftlichen Verfahren beantragen. Hier wäre demnach das Klageverfahren dem Mahnverfahren vorzuziehen.

B. Mahnantrag in elektronischer Form

 

Rz. 7

Das Mahnverfahren gehört zu den Kompetenzfeldern einer Rechtsanwaltsfachangestellten und wird daher ausführlich in den Berufsschulen gelehrt. Jahrelang wurde mit den Auszubildenden u.a. das Ausfüllen der amtlichen Vordrucke für das automatisierte Mahnverfahren geübt, um so Monierungen zu verhindern.

Bereits seit dem 1.12.2008 war es für alle RA verbindlich, den Mahnantrag nur noch in elektronischer Form einzureichen. Aufgrund des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5.7.2017, ist der neu gefasste § 702 ZPO am 1.1.2018 in Kraft getreten. Seitdem gilt diese Formvorschrift für alle RA und registrierten Inkassodienstleister auch für den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids. Ausgenommen von dieser Formvorschrift ist nur noch der Widerspruch nach § 702 Abs. 2 Satz 2 letzter Hs. ZPO.

Das Lernen des Ausfüllens der amtlichen Vordrucke entfällt somit für Auszubildende, vielmehr müssen sie nunmehr die elektronische Antragsstellung erlernen.

Das Mahnverfahren bleibt jedoch Kompetenzfeld der Rechtsanwaltsfachangestellten. Es werden daher zunächst allgemeinverbindliche rechtliche Aspekte dargestellt und später die elektronische Antragstellung.

 

Rz. 8

 

Praxistipp:

Die amtlichen Vordrucke für das automatische Mahnverfahren sind weiterhin gültig, sofern sie vom Mandanten selber eingereicht werden. Sollte der Mandant also lediglich eine Beratung wünschen, so könnte er selber das Mahnverfahren mit den amtlichen Vordrucken einleiten.

Er sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass Formularkopien oder mittels Telefax eingereichte Anträge als unzulässig zurückgewiesen werden mit der Rechtsfol...

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