I. Allgemeines

 

Rz. 155

Am 16.10.2013 wurde das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (ERV-Gesetz) vom 10.10.2013 im Bundesgesetzblatt (BGBl) verkündet, das stufenweise in Kraft tritt.

 

Rz. 156

Unter dem Begriff "Elektronischer Rechtsverkehr" (ERV) versteht man dabei den rechtsverbindlichen Austausch von Dokumenten (nebst Anlagen) zwischen Gerichten, Behörden und den weiteren Verfahrensbevollmächtigten, wie Bürgern, Unternehmen und insbesondere Rechtsanwälte.

 

Rz. 157

Das ursprüngliche ERV-Gesetz war zunächst nur für die Gerichte der Zivil-, Finanz-, Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgesehen. Die Änderungen wurden neben der ZPO auch gleichlautend in das ArbGG, die FGG, das SGG, die VwGO und die FGO aufgenommen. Daneben gibt es auch Änderungen/Ergänzung an der BRAO.

 

Rz. 158

Hinsichtlich der Strafgerichtbarkeit gab es insbesondere wegen der besonderen Sensibilität zunächst einen Vorbehalt zur Führung einer elektronischen Gerichtsakte, der allerdings zum 1.1.2018 aufgelöst werden konnte. Durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs (v. 5.7.2017, BGBl I 2208) wurde mittlerweile das ERV-Gesetz um entsprechende Vorschriften für den elektronischen Rechtsverkehr in Strafverfahren ergänzt.

 

Rz. 159

Die stufenweise Umsetzung erfolgt von 2014-2022:

 

Vorstufe

2014
Bereits seit dem 1.7.2014 gelten die sogenannten "De-Mail-Beweisvorschriften" (§§ 130a und 371a ZPO), die die Beweiskraft digitalisierter Dokumente festigen.
Durch die Ergänzung von § 169 Abs. 3 ZPO können Schriftstücke nun auch als beglaubigte elektronische Abschrift zugestellt werden.
Die Gerichte berufen sich bereits jetzt auf den geänderten § 317 Abs. 2 ZPO, wonach Ausfertigungen nur noch auf Antrag und nur in Papierform erteilt werden. Jede Ausfertigung ist somit zu beantragen!

1. Stufe

2016

Einführung der besonderen elektronischen Anwaltspostfächer

Durch das ERV-Gesetz wurde ein neuer § 31a BRAO eingeführt, wonach die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) zum 1.1.2016 für jeden RA ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) bereitstellen sollte.
Im November 2015 hat die BRAK den Starttermin für das beA jedoch verschoben. Das beA ist dann erst am 28.11.2016 in seine Testphase gestartet, musste dann jedoch am 23.12.2017 aus Sicherheitsgründen vom Netz genommen werden. Bei Manuskriptabgabe der aktuellen Allrounder-Ausgabe im Juni 2018 stand leider immer noch nicht fest, wann das beA wieder einsatzfähig sein wird.
Ab 2016 waren dann bereits die elektronische Kommunikation von Anwalt zu Anwalt und der Versand von Schriftstücken über das beA an Gerichte, die bereits am ERV teilnehmen, auf freiwilliger Basis möglich (u.a. die Zentralen Mahngerichte).
Auch Schutzschriften (zur Verhinderungen eines Verfügungsbeschlusses ohne mdl. Verhandlung gem. § 944 ZPO in einem einstweiligen Verfügungsverfahren) konnten bereits freiwillig über ein länderübergreifendes elektronisches Schutzschriftenregister online eingereicht werden.
2017
Ab dem 1.1.2017 sind Rechtsanwälte verpflichtet, Schutzschriften ausschließlich über das elektronische Schutzschriftenregister einzureichen.

2. Stufe

2018

Passive Nutzungspflicht des beAs für den RA

Ab dem 1.1.2018 besteht nach § 31a Abs. 6, 2.HS BRAO für Rechtsanwälte die passive beA-Nutzungspflicht, d.h. der RA hat Zustellungen und Mitteilungen über das beA zur Kenntnis zu nehmen.

Allerdings war das beA seit dem 28.11.2017 offline, so dass der Gesetzgeber auch entsprechend hierüber im Januar 2018 informiert worden ist. In der BRAK-Hauptversammlung wurde am 27.6.2018 die schrittweise Wiederinbetriebnahme des beA beschlossen. Ab dem 4.7.2018 wird ein neuer Client Secrurity zum Download und zur Installation bereitstehen und ab diesen Zeitpunkt ist auch die Erstregistrierung wieder möglich, für die Rechtsanwälte, die noch nicht registriert sind.

Die Postfächer sollen dann geplant ab dem 3.9.2018 wieder freigegeben werden und die passive Nutzungspflicht damit wieder aufleben. Zum Zeitpunkt der finalen Manuskriptabgabe im Juni 2018 waren jedoch noch Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof (AnwGH) anhängig, die evtl. die planmäßige Wiederinbetriebnahme verzögern könnten. Mit den Klagen vor dem AnwGH hat sich eine Reihe von Anwälten gegen die Verwendung des beA gewendet, weil es keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bietet und daher nicht ausreichend sicher sei. Die BRAK hält eine solche weiterhin nicht für erforderlich.

Bundesweiter elektronischer Zugang zu den Gerichten

Ab 1.1.2018 sollen alle Gerichte bundesweit elektronisch erreichbar sein. Eine wechselseitige Zustellung nach der ZPO zwischen den Gerichten und den Anwälten soll möglich sein.
Die Bundesländer können jedoch von dem Termin 1.1.2018 ein oder zwei Jahre abweichen. Spätestens zum 1.1.2020 müssen aber alle Gerichtsbarkeiten, die vom Gesetz erfasst sind, elektronisch erreichbar sein.
Über das beA (als sicherer Übertragungsweg) können Dokumente durch den RA selbst über sein pe...

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