Rz. 34

Haben der RA und der Auftraggeber eine Gebührenvereinbarung nicht getroffen oder ist diese unwirksam und handelt es sich bei dem Auftraggeber um einen Verbraucher, hat der RA für beratende oder gutachterliche Tätigkeiten die Höchstgrenze für die Beratung von 250,00 EUR zu beachten. Für ein erstes Beratungsgespräch erhält der RA bei den gleichen Voraussetzungen höchstens eine Gebühr von 190,00 EUR. Diese Regelungen finden sich in § 34 Abs. 1 S. 3 RVG, der ergänzend auf § 14 Abs. 1 RVG verweist.

 

Rz. 35

Die Definition der Verbrauchereigenschaft ergibt sich aus § 13 BGB, wonach ein Verbraucher jede natürliche Person ist, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet wird. Zur Abgrenzung kann § 14 BGB, in dem der Unternehmerbegriff definiert ist, hinzugezogen werden.

Bei dem zwischen dem Mandanten und dem RA geschlossenen Anwaltsvertrag handelt es sich um das nach der vorstehenden Definition zugrunde zu legende Rechtsgeschäft. Da der gleiche Auftraggeber sowohl Verbraucher als auch Unternehmer (§ 14 BGB) sein kann, kommt es auf die Funktion des Mandanten an und darauf, zu welchem Zweck der Auftraggeber den RA konsultiert.

 

Rz. 36

 

Beispiel

Der Auftraggeber, der inhabergeführt einen Fahrzeughandel betreibt, bittet den RA um Beratung wegen der Abwehr des Rücktritts des Käufers vom Kfz-Kaufvertrag und wegen der Voraussetzungen zum Ausspruch der fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses, wobei die vermietete Wohnung seinem Privateigentum zuzurechnen ist.

Die Beratung hinsichtlich des Kfz-Kaufvertrags begehrt der Auftraggeber zwar als natürliche Person, jedoch als Inhaber eines Unternehmens, wobei der Zweck der Beratung nicht seine Privatinteressen verfolgt, sondern seine unternehmerischen, so dass der RA insoweit die Kappungsgrenzen des § 34 Abs. 1 S. 3 RVG nicht zu beachten hat. Anders verhält es sich bei der mietrechtlichen Beratung, da sich die Immobilie des Auftraggebers in seinem Privateigentum befindet und er in diesem Fall als Verbraucher anzusehen ist.

 

Rz. 37

In einer Vielzahl der in der Praxis vorkommenden Fälle dürfte die Bestimmung, ob ein Verbraucherstatus vorliegt oder nicht, unter Anwendung der vorstehenden Kriterien, nicht sehr schwer fallen.

 

Rz. 38

 

Einige Beispiele zu möglichen Abgrenzungsproblemen

Existenzgründer sind keine Verbraucher in Bezug auf Geschäfte, die nach ihrer objektiven Zweckrichtung auf unternehmerisches Handeln ausgerichtet sind. Die Verbrauchereigenschaft eines Existenzgründers wird in der Rechtsprechung allerdings dann bejaht, wenn das eingegangene Rechtsgeschäft dazu dienen soll, eine Entscheidung zu treffen, ob sich die Person selbstständig machen will oder nicht.[15] Im Darlehensrecht werden Existenzgründer als Verbraucher durch § 512 BGB auf Darlehen bis zu 75.000,00 EUR begrenzt.[16]
Wird ein Vertragsgegenstand sowohl für den privaten als auch den gewerblichen Bereich eingesetzt, ist auf die überwiegende Nutzung des Gegenstandes abzustellen.[17]
Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Zusammenschluss von nicht gewerblich handelnden natürlichen Personen ist einem Verbraucher gleichzustellen, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient.[18]
 

Rz. 39

Die Gebühr des RA für die Beratung oder Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens für einen Verbraucher beläuft sich auf höchstens 250,00 EUR, wobei § 34 Abs. 1 Nr. 3 RVG auf die für die Bemessung von Rahmengebühren geltenden Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG Bezug nimmt. Danach hat der RA zunächst seine Gebühr nach Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit, den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Auftraggebers und dem Haftungsrisiko des RA zu beurteilen. Kommt der RA dann auf eine Gebühr von unter 250,00 EUR, ist diese zu berechnen; kommt er auf einen Betrag über 250,00 EUR, greift die Kappung von 250,00 EUR.

 

Rz. 40

Für ein erstes Beratungsgespräch hat der Gesetzgeber in § 34 Abs. 1 S. 3 letzter Hs. RVG eine Höchstgrenze von 190,00 EUR festgelegt. Dem Wortlaut nach gilt die Kappung auf 190,00 EUR bei Verbrauchern nur, wenn die Beratung in Form eines Gesprächs erfolgt ist, wobei auch ein Telefonat hierunter fällt. Demnach greift die Kappungspflicht nicht bei einer schriftlichen Beratungstätigkeit.

Die Höchstgrenze von 190,00 EUR muss ferner nur dann beachtet werden, wenn die Tätigkeit des RA mit einem ersten Beratungsgespräch erledigt ist. Bei folgenden Gegebenheiten wird der Erstberatungsstatus verlassen, was zur Folge hat, dass die um 60,00 EUR höhere Kappung gilt:

Die Beratung wird später fortgesetzt, z.B. weil der Auftraggeber noch Zusatzfragen beantwortet wissen will.
Der Auftraggeber hat die im ersten Gespräch erteilte Handlungsempfehlung umgesetzt und dadurch haben sich neue Erkenntnisse ergeben, die einen weiteren Rat des RA erforderlich machen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge