Rz. 121

 

Zum Thema

Bieback "Das neue Anfrageverfahren bei der Feststellung der Sozialversicherungspflicht" BB 2000, 873; Reiserer/Freckmann "Scheinselbständigkeit – heute noch ein schillernder Rechtsbegriff" NJW 2003, 180.

 

Rz. 122

 

§ 7a SGB IV – Anfrageverfahren

(1) 1Die Beteiligten können schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.

2Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.

3Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Absatz 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund.

(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt.

(3) 1Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt.

2Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern.

(5) Die Deutsche Rentenversicherung Bund fordert die Beteiligten auf, innerhalb einer angemessenen Frist die Tatsachen anzugeben, die eine Widerlegung begründen, wenn diese die Vermutung widerlegen wollen.

(6) 1Wird der Antrag nach Absatz 1 innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte

1. zustimmt und
2. er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.

2Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.

(7) 1Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen, dass eine Beschäftigung vorliegt, haben aufschiebende Wirkung.

2Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.

 

Rz. 123

Die Klärung der rechtlichen Situation, ob ein unselbstständiges Beschäftigungsverhältnis anzunehmen ist, können die Beteiligten ("Arbeitnehmer"/"Auftragnehmer" bzw. "Arbeitgeber"/"Auftraggeber") bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (bis zum 30.9.2005 hieß diese Institution BfA) durch ein sog. Anfrageverfahren (§ 7a SGB IV) herbeiführen. Dabei haben Widerspruch und Klage gegen die Entscheidung, es liege eine abhängige Beschäftigung vor, aufschiebende Wirkung, § 7a VII SGB IV.

 

Rz. 124

Für das Verfahren ist die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund) allein zuständig, ihre Entscheidung bindet auch die anderen (im Gesamtsozialversicherungsbeitrag [§ 28d SGB IV] erfassten) SVT. Ein Anfrageverfahren kann nicht mehr eingeleitet werden, wenn schon andere Versicherungsträger (z.B. im Rahmen einer anberaumten Betriebsprüfung [§ 28p SGB IV] oder durch Versendung eines Fragebogens) den Beschäftigungsstatus prüfen.

 

Rz. 125

Eine Statusentscheidung nach § 7a SGB IV entfaltet gegenüber dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung keine Bindungswirkung; auch dann nicht, wenn die Statusentscheidung feststellt, dass eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird.[89] Auch im Rahmen von §§ 108, 104 ff. SGB VII wird diesem Aspekt Rechnung zu tragen sein.

[89] LSG Baden-Württemberg v. 21.2.2013 – L 10 U 5019/11 – DStR 2013, 1489 = jurisPR-SozR 20/2013 Anm. 3 (Anm. Pietrek) = NZA 2013, 1002 = UV-Recht Aktuell 2013, 475.

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