Rz. 466

Der Umfang der anlässlich eines Schadenfalles entstehenden Aufwendungen entwickelt sich erst nach und nach. Der Forderungsübergang auf SVT umfasst daher auch solche Ersatzansprüche eines Verletzten in Bezug auf Leistungen, die zwar erst in der Folgezeit erbracht werden müssen, die aber im Zeitpunkt des Versicherungsfalles bereits in Betracht zu ziehen waren. Für den Rechtsübergang reicht im Interesse eines möglichst weitgehenden Schutzes des SVT vor anderweitigen Verfügungen des Geschädigten schon eine wenn auch weit entfernte Möglichkeit des Eintritts von Leistungspflichten aus; die Entstehung solcher Leistungspflichten darf nur nicht völlig unwahrscheinlich erscheinen.[322]

 

Rz. 467

Diese künftigen Leistungspflichten müssen aber bereits im Sozialversicherungsverhältnis zum Verletzten mitangelegt sein und nicht erst durch anderweitiges späteres Verhalten des Verletzten begründet werden (z.B. Wechsel von Familienmitversicherung in der Krankenversicherung zu eigener Mitgliedschaft).[323] Zum späteren Krankengeldanspruch des Familienmitversicherten, Kind, aber auch Ehegatte, unten (siehe Rn 725 ff.).

 

Rz. 468

Dieses gilt auch für noch nicht feststehende Aufwendungen.[324] Es kommt für den Umfang des Forderungsüberganges nicht darauf an, ob die Leistungen bereits tatsächlich gewährt worden sind oder in Zukunft gewährt werden, sondern allein auf die gesetzliche Leistungsverpflichtung gegenüber dem Geschädigten. Diese Leistungspflicht steht im Unfallzeitpunkt zwar nicht in konkreter Höhe fest, sie entwickelt sich vielmehr über die Folgezeit, solange der Verletzte wegen der Unfallfolgen leistungsberechtigt ist.

 

Rz. 469

Beispielsweise geht der einem Sozialversicherten zustehende Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall auch dann bereits im Unfallzeitpunkt auf den RVT im Rahmen dessen Leistungspflicht über, wenn die unfallbedingte Erwerbsunfähigkeit erst einige Jahre nach dem Unfall eintritt, aber eine Leistungspflicht des RVT schon damals in Betracht kommen konnte.[325] Entsprechendes gilt im Fall des später aufgrund des Schadenereignisses eintretenden Todes. Der RVT erwirbt dabei die Ansprüche nicht von einer gesetzlichen Krankenkasse, die zunächst nach dem Unfall Krankenhilfe gewährte.[326]

[322] BGH v. 18.2.1997 – VI ZR 70/96 – BGHZ 134, 381 = DAR 1997, 271 = NJW 1997, 1783 = NZV 1997, 264 = r+s 1997, 248 (Anm. Jahnke r+s 1998, 157) = VersR 1997, 723; BGH v. 13.2.1996 – VI ZR 318/94 – BGHZ 132, 39 = DAR 1996, 357 = JR 1996, 505 (Anm. Fuchs) = LM BGB § 844 Abs. 2 Nr. 93 = MDR 1996, 799 = NJW 1996, 1674 = NJWE-VHR 1996, 110 = NVwZ 1996, 824 (nur Ls.) = NZV 1996, 229 = r+s 1996, 311 = SGB 1996, 328 = SP 1996, 168 = VersR 1996, 649 = VRS 91, 267; BGH v. 17.4.1990 – VI ZR 276/89 – MDR 1990, 811 = NJW 1990, 2933 = VersR 1990, 1028 = zfs 1990, 342 (nur Ls.), BGH v. 9.1.1990 – VI ZR 86/89 – FamRZ 1990, 366 (nur Ls.) = MDR 1990, 614 = NJW-RR 1990, 344 = SGb 1991, 452 (Anm. Müller) = VersR 1990, 437 = zfs 1990, 188 (nur Ls.); BGH v. 4.10.1983 – VI ZR 44/82 – BG 1985, 594 = MDR 1984, 216 = NJW 1984, 607 = r+s 1984, 9 (nur Ls.) = SGb 1984, 170 (Anm. Sieg) = VersR 1984, 35 = VRS 66, 165 = zfs 1984, 77 (nur Ls.); BGH v. 10.7.1967 – III ZR 78/66 – BGHZ 48, 181 = LM § 1542 RVO Nr. 54 = NJW 1967, 2199 = VersR 1967, 974; OLG Bamberg v. 2.10.1996 – 5 U 217/95 – NZV 1997, 517 = SP 1998, 49 = r+s 1998, 65 = WI 1998, 131 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 3.6.1997 – VI ZR 365/96 –) (Vorinstanz: LG Bamberg v. 28.9.1995 – 1 O 531/92 – SP 1996, 10) (Geschädigter hatte 58 Monate Rentenversicherungszeiten. Vor Abfindung seiner Ansprüche war nicht damit zu rechnen, dass er weitere rentenversicherungsrechtliche Zeiten erfüllen würde. Aufgrund besonderer privater Umstände wurde der Geschädigte gefälligkeitshalber rentenversicherungspflichtig beschäftigt und erhielt dann später eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Dem Regress der klagenden Rentenversicherung steht der Abfindungsvergleich entgegen.).
[323] BGH v. 9.1.1990 – VI ZR 86/89 – FamRZ 1990, 366 (nur Ls.) = MDR 1990, 614 = NJW-RR 1990, 344 = SGb 1991, 452 (Anm. Müller) = VersR 1990, 437 = zfs 1990, 188 (nur Ls.).
[324] BGH v. 13.2.1975 – VI ZR 209/73 – BG 1975, 472 = MDR 1975, 569 = NJW 1975, 978 = VersR 1975, 446; OLG Bamberg v. 2.10.1996 – 5 U 217/95 – NZV 1997, 517 = SP 1998, 49 = r+s 1998, 65 = WI 1998, 131 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 3.6.1997 – VI ZR 365/96 –) (Vorinstanz: LG Bamberg v. 28.9.1995 – 1 O 531/92 – SP 1996, 10).
[325] OLG Bamberg v. 2.10.1996 – 5 U 217/95 – NZV 1997, 517 = SP 1998, 49 = r+s 1998, 65 = WI 1998, 131 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 3.6.1997 – VI ZR 365/96 –) (Vorinstanz: LG Bamberg v. 28.9.1995 – 1 O 531/92 – SP 1996, 10).
[326] BGH v. 24.2.1983 – VI ZR 243/80 – BG 1984, 517 = LM § 212 RVO Nr. 2 = MDR 1983, 743 = NJW 1983, 1912 = r+s 1983, 96 = VersR 1983, 536 = zfs 1983, 236 (nur Ls.).

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