a) Methodik

 

Rz. 269

Einem in seinem Erwerbsleben durch ein schädigendes Ereignis betroffenen abhängig Beschäftigten sind nur seine Nettoeinbußen zu ersetzen. Anspruch auf Zahlung der hypothetischen Steuern und Sozialabgaben[189], die ja an Dritte weiterzuleiten gewesen wären, besteht für den Geschädigten selbst nicht.

 

Rz. 270

Zur Berechnung werden mehrere Methoden vorgeschlagen:

Bei der Bruttolohnmethode[190] werden, ausgehend vom Bruttolohn, im Wege des Vorteilsausgleiches u.a. Steuern und Sozialabgaben (brutto)[191] abgezogen,[192]
bei der modifizierten Nettolohntheorie ist bereits der Ausgangspunkt das fiktive Nettoeinkommen nach vorherigem Abzug von Steuern und Sozialabgaben.[193]
 

Rz. 271

Beide Methoden dürfen allerdings bei der Abrechnung nicht miteinander vermengt werden, da dieses unausweichlich zu falschen Ergebnissen führt (siehe auch Rn 294).[194]

 

Rz. 272

Die frühere Aussage des BGH,[195] bei korrekter Anwendung der vorgenannten Theorien (Bruttomethode, modifizierte Nettomethode) kämen beide Berechnungsmethoden zu gleichen Ergebnissen, lässt sich (wie Langenick[196] zutreffend aufzeigt) nicht allgemein aufrecht erhalten: Nicht nur bei Mithaftung, sondern vor allem aber, wenn Sozialversicherungsleistungen (z.B. Krankengeld, Verletztenrente, Erwerbsminderungsrente) einbezogen werden, erweist sich die Bruttolohnmethode als fehlerträchtig. Für die praktische Abwicklung ist letztlich nur die modifizierte Nettolohnmethode die einzig verlässliche, brauchbare und korrekte Ergebnisse liefernde Methode.[197] Dieser Auffassung ist auch der BGH[198] beigetreten: Das Bruttoeinkommen kann zwar der rechnerische Ausgangspunkt sein, es ist dann aber auf die konkreten Verhältnisse des Geschädigten hinsichtlich der Belastung durch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge und hinsichtlich der Vorteile, die sich aufgrund von Lohnersatzleistungen der Drittleistungsträger ergeben, abzustellen. Der BGH[199] betont ausdrücklich, dass eine pauschalisierende Betrachtung insbesondere bei abhängig Beschäftigten vielfach zu falschen Ergebnissen führt.

 

Rz. 273

Gerechnet wird – unabhängig vom rechtlich jeweils gewählten Weg – im Ergebnis stets wie folgt:[200]

 

Rz. 274

 

Übersicht 4.7: Berechnung brutto – netto

Lohn- und Gehaltsfortzahlung des Arbeitgebers brutto (siehe § 5 Rn 268 ff.)
Lohneinbuße eines unselbstständigen Arbeitnehmers netto
Beamte brutto[201]
netto, soweit (vor allem nach vorzeitiger Pensionierung) der Beamte selbst Minderverdienste verfolgt
Selbstständige brutto oder netto[202] (siehe auch § 5 Rn 130) aber stets systemkonform[203]
[189] § 119 SGB X betrifft nur die Pflichtversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, die dann aber vom RVT – und nicht vom Geschädigten – verfolgt werden.
[190] BGH v. 28.9.1999 – VI ZR 165/98 – DAR 2000, 62 = HVBG-INFO 1999, 3361 = MDR 1999, 1505 = NJW 1999, 3711 = NZV 1999, 508 = r+s 1999, 506 = SP 1999, 411 = VersR 2000, 65 = VRS 98, 101 = zfs 2000, 14; BGH v. 8.4.1986 – VI ZR 92/85 – DAR 1986, 317 = NJW-RR 1986, 1216 = r+s 1986, 226 = VersR 1986, 914 = VRS 71, 242 = zfs 1986, 330.
[191] OLG Hamm v. 26.3.1998 – 6 U 214/95 – r+s 1999, 372, OLG Saarbrücken v. 29.11.2005 – 4 U 501/03 – OLGR 2006, 186.
[193] OLG Hamm v. 1.7.1999 – 6 U 182/98 – SP 1999, 340.
[194] BGH v. 6.2.2001 – VI ZR 339/99 – BGHReport 2001, 376 = DAR 2001, 266 = EWiR 2001, 567 (nur Ls.) (Anm. Grunsky) = IBR 2001, 543 (nur Ls.) (Anm. Groß) = LM BGB § 252 Nr. 81 = MDR 2001, 689 = NJW 2001, 1640 = NZV 2001, 210 = PVR 2001, 243 (nur Ls.) (Anm. Halm) = r+s 2001, 285 = SP 2001, 158 = VerkMitt 2002, Nr. 1 = VRS 100, 241 (Vorteile, insbesondere Leistungen von dritter Seite, die dem Geschädigten aufgrund des Schadensereignisses zufließen, sind mit ihrem Bruttobetrag zu berücksichtigen, wenn die Einbußen des Verletzten brutto gerechnet wurden); KG v. 16.1.1997 – 12 U 6048/95 – .
[195] BGH v. 28.9.1999 – VI ZR 165/98 – DAR 2000, 62 = HVBG-INFO 1999, 3361 = MDR 1999, 1505 = NJW 1999, 3711 = NZV 1999, 508 = r+s 1999, 506 = SP 1999, 411 = VersR 2000, 65 = VRS 98, 101 = zfs 2000, 14, BGH v. 15.11.1994 – VI ZR 194/93 – BGHZ 127, 391 = DAR 1995, 109 (Anm. von Gerlach DAR 1995, 221) = JZ 1995, 403 (Anm. Lange) = LM § 249 (Ha) BGB Nr. 51 = MDR 1995, 155 = NJW 1995, 389 = NJW-RR 1995, 476 (nur Ls.) = NZV 1995, 63 (Anm. Hofmann NZV 1995, 94) = r+s 1995, 61 = VersR 1995, 105 = WI 1995, 14 = zfs 1995, 90, BGH v. 8.4.1986 – VI ZR 92/85 – DAR 1986, 317 = NJW-RR 1986, 1216 = r+s 1986, 226 = VersR 1986, 914 = VRS 71, 242 = zfs 1986, 330; OLG Hamm v. 26.3.1998 – 6 U 214/95 – r+s 1999, 372.
[196] Langenick "Probleme bei der Ermittlung des Erwerbsschadens, insbesondere der Nachweis der Unpraktikabilität der Bruttolohnmethode auch bei sozialversicherten Geschädigten – 1. Teil" NZV 2009, 257; Langenick "Probleme bei der Ermittlung des Erwerbsschadens, insbesondere der Nachweis der Unpraktikabilität der Bruttolohnmethode auch bei sozialversicherten Geschädigten – 2. ...

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