Rz. 135

Zu ersetzen ist grundsätzlich der Verlust von jeglichen Erwerbseinkommen und Vermögensnachteilen, die im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft stehen.

a) Begriff des Einkommens

 

Rz. 136

Zu beachten sind bei der Auswertung von Verdienstbescheinigungen die unterschiedlichen Begriffe und Ausweisungen zum Einkommen:

 

Rz. 137

 

Übersicht 4.5: Einkommensbegriff

Begriff Begriffsbestimmung
Brutto-Einkommen
Einkommen incl. Einkommensteuer sowie (bei Sozialversicherungspflicht) Arbeitnehmerbeiträgen[97] zur Sozialversicherung
z.T. incl. Reisespesen und Auslagenersatz
steuerpflichtiges Einkommen
Bruttoeinkommen
abzgl. steuerfreier Bezüge
zzgl. geldwerter Vorteile
sozialversicherungspflichtiges Einkommen
Bruttoeinkommen (max. bis zur Beitragsbemessungsgrenze)
incl. geldwerter Vorteile
Netto-Einkommen
Einkommen nach Berücksichtigung der steuer- und sozialrechtlichen Abgaben ("echter" Auszahlungsbetrag)
Auszahlungsbetrag, Überweisungsbetrag
"tatsächlich" ausgezahlter Betrag
incl. Reisespesen und Auslagen
abzgl. Vorschusszahlungen und Pfändungen oder Abtretungen
u.U. abzgl. vom Arbeitgeber einbehaltener privater Versicherungsbeiträge oder Arbeitgeberdarlehen
 

Rz. 138

Bei einem Arbeiter oder Angestellten können die ersatzpflichtigen Beträge beim Erwerbsschaden i.d.R. verhältnismäßig einfach ermittelt werden.

Häufig schafft bereits ein Blick auf die Gehaltsabrechnungen der letzten 12–36 Monate vor dem Unfall Klarheit. Instruktiv sind regelmäßig die Dezember-Verdienstbescheinigungen, da sie kumulierte Einnahmen und Abgaben (Steuer, Sozialversicherung) enthalten.

Ein beim Arbeitgeber eingefordertes Jahreskonto bildet auch Neben- und Sonderleistungen ab.

Auch die Einkommensteuerbescheide der letzten 3–5 Jahre vor dem Unfall helfen weiter.
 

Rz. 139

Werden Unterlagen nur unvollständig zugänglich gemacht (z.B. Verdienstbescheinigung nur für unterjährige Zeiträume [Februar bis November] oder nur für Sommermonate incl. Urlaubsgeld), ist Skepsis hinsichtlich des Jahreseinkommen angezeigt.

[97] Beim Arbeitgeberregress erstreckt sich begrifflich das Bruttoeinkommen auch auf die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung.

b) Arbeitslohn, Gehalt

 

Rz. 140

Zu den Einkünften eines unselbstständig Tätigen zählen:[98]

Eigentlicher Arbeitslohn[99] bzw. Gehalt (vgl. § 4 EFZG) incl. etwaiger familienstandabhängiger Sozialzuschläge (z.B. Ehegattenzuschlag nach dem BAT/TVöD),
einzelarbeitsvertraglich oder tarifvertraglich zu gewährende jährliche Sonderzahlungen[100] (z.B. Urlaubsgeld, 13., 14. Monatsgehalt, Weihnachtsgeld, Gratifikationen, Treueprämie).
 

Rz. 141

Arbeitgeber können rechtlich verpflichtet sein, auch die Sonderleistungen an Arbeitsunfähige (u.U. nur anteilig) zu bezahlen.[101] Diese Arbeitgeberleistungen sind auf den Ersatzanspruch des Verletzten anzurechnen.

 

Rz. 142

Arbeitnehmernehmer haben keinen uneingeschränkten Anspruch auf regelmäßig wiederkehrende Leistung von Weihnachtsgeld und anderen Sonderzahlungen. Der Arbeitgeber kann diese Leistung – allwerdings nur unter erchwerten Voraussetzungen – einstellen oder reduzieren.[102]

[98] Zur Entgeltfortzahlung und dem Arbeitgeberregress siehe ergänzend Jahnke "Entgeltfortzahlung und Regress des Arbeitgebers im Schadenfall seines Arbeitnehmers" NZV 1996, 169.
[99] BFH v. 24.9.2013 – VI R 8/11 – (Zuschüsse, die eine AG Vorstandsmitgliedern zur freiwilligen Weiterversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder einem Versorgungswerk gewährt, sind Arbeitslohn. Es handelt sich hierbei um Vorteile, die im überwiegenden Interesse des Arbeitnehmers gewährt werden und sich auch dann nicht lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellen, wenn die Rentenzahlungen auf die betriebliche Altersversorgung angerechnet werden.), BFH v. 5.9.2006 – VI R 38/04 – BB 2006, 2400 = BFHE 214, 573 = BStBl II 2007, 181 = DB 2006, 2554 = NVwZ 2007, 1456 (nur Ls.) (Die Übernahme von Beitragsleistungen zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung durch den Arbeitgeber für sog. Kirchenbeamte stellt dann keinen Arbeitslohn dar, wenn die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die zugesagten beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge angerechnet werden sollen), BFH v. 6.6.2002 – VI R 178/97 – BB 2003, 242 = BFHE 199, 524 = DB 2002, 2515 (Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Sozialversicherung gehören nicht zum Arbeitslohn).
[100] OLG Zweibrücken v. 3.2.1978 – 1 U 65/77 – VersR 1978, 473.
[101] Siehe auch LAG Baden-Württemberg v. 27.7.2011 – 13 Sa 15/11 – BeckRS 2011, 75262 = GWR 2011, 430 (Anm. Klagges) = jurisPR-ArbR 44/2011 Anm. 6 (Anm. Herbert) = VRR 2012, 225 (Anm. Nugel) (Revision wurde nicht eingelegt, VersR 2014, 392 zu I.3.d) (Der Anspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber besteht unabhängig vom Vorliegen oder Nichtvorliegen von Arbeitsunfähigkeit. Daher können in Bezug auf Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld auch keine Schadensersatzansprüche des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers gegen den Schädiger auf den Arbeitgeber übergehen.).

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