Rz. 110

Nach § 305 lit. a Nr. 2 lit. b BGB gelten auch ohne Einhaltung der Erfordernisse des § 305 Abs. 2 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen in Verträgen über Telekommunikations-, Informations- und andere Dienstleistungen, die unmittelbar durch den Einsatz von Fernkommunikationsmitteln (i.S.v. § 312 lit. c Abs. 2 BGB, mithin Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher i.S.v. § 13 BGB und einem Unternehmer i.S.v. § 14 BGB ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können) und während der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung in einem Mal erbracht werden, als einbezogen, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten vor Vertragsschluss zugänglich gemacht werden können.[264] Im Unterschied zur Vorläuferregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AGB-Gesetz (alt) werden nicht mehr bestimmte Telekommunikationsdienstleistungen schlechthin, sondern nur noch solche Verträge privilegiert, bei denen wegen der Art des Ver­tragsschlusses die Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten eingehalten werden könnten.[265]

 

Rz. 111

§ 305 lit. a Nr. 2 lit. b BGB knüpft an den Wortlaut der vormaligen Ausnahmeregelung des § 312 lit. c Abs. 2 S. 2 BGB a.F. (respektive § 2 Abs. 3 S. 3 FernAbsG (alt)) an: Danach war eine Mitteilung nach § 312 lit. c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB a.F. (wonach der Unternehmer dem Verbraucher bei sonstigen [d.h. anderen als Finanz-]Dienstleistungen die in der Rechtsverordnung nach Art. 240 EGBGB a.F. [BGB-InformationspflichtenVO] bestimmten Informationen in dem dort bestimmten Umfang und der dort bestimmten Art und Weise alsbald, spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags, bei Waren spätestens bei Lieferung an den Verbraucher, in Textform [§ 126 lit. b BGB] mitzuteilen hatte) bei Dienstleistungen entbehrlich, die unmittelbar durch den Einsatz von Fernkommunikationsmitteln i.S.v. § 312 lit. c Abs. 2 BGB erbracht wurden, sofern diese Leistungen in einem Mal erfolgen und über den Betreiber des Fernkommunikationsmittels abgerechnet wurden.

 

Beachte

Art. 246 § 2 Abs. 2 S. 1 EGBGB a.F. entsprach § 312 lit. c Abs. 2 S. 2 BGB (alt): Danach war eine Mitteilung nach Art. 246 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 EGBGB a.F. entbehrlich bei Dienstleistungen, die unmittelbar durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln erbracht wurden, sofern auch Leistungen in einem Mal erfolgen und über den Betreiber der Fernkommunikationsmittel abgerechnet wurden.

 

Rz. 112

§ 305 lit. a Nr. 2 lit. b BGB soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der Telekommunikationsanbieter in folgenden Fällen während eines Telefonats, nämlich

im offenen Call-by-Call-Verfahren (das lediglich in der Herstellung einer Telefonverbindung besteht) und

bei der Erbringung von

Mehrwertdiensten (bspw. 0190-Verbindungen) bzw.
Informationsdiensten (z.B. Telefonauskünften)

keine Möglichkeit hat, dem Anrufer den AGB-Inhalt ohne erheblichen Zeitaufwand für den anrufenden Kunden bekannt zu machen.[266] Entsprechende Vertragsabschlüsse werden während der Dauer einer Telefonverbindung in einem Mal (d.h. abschließend wie bspw. eine Telefonauskunft – nicht hingegen z.B. bei Fällen einer telefonischen Warenbestellung, die noch eine Vertragsabwicklung in Gang setzt)[267] erbracht. Der Kunde hat in den genannten Fällen des telefonischen und nur einmaligen Kontakts ein großes Interesse daran, dass die von ihm gewünschte Verbindung möglichst schnell zustande kommt bzw. die Dienstleistung so schnell wie möglich erbracht wird. Vor diesem Hintergrund ist der durch die Erleichterung der Einbeziehungsvoraussetzungen verbundene Transparenzverlust hinnehmbar – ja vom Kunden sogar gewollt. Dem Kunden ist in diesen Fällen (aus Kostengründen) regelmäßig die schnelle Abwicklung des einmaligen geschäftlichen Kontakts (bspw. der Telefonauskunft) wichtiger als die vorherige Kenntnis der Allgemeinen Geschäftsbedingungen.[268] Die Dienstleistung wird sofort abgewickelt, womit eine vorherige Kenntnisverschaffung von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus praktischen Gründen kaum sinnvoll ist.[269]

 

Rz. 113

Hingegen werden Verträge über Dienstleistungen, die erst nach Beendigung des Telefonats zu erbringen sind (z.B. die Übermittlung eines Telegramms nach telefonischer Bestellung) nicht von § 305 lit. a Nr. 2 lit. b BGB erfasst.[270]

 

Rz. 114

Voraussetzung für die Privilegierung nach § 305 lit. a Nr. 2 lit. b BGB ist, dass die Dienstleistung unmittelbar durch den Einsatz von Fernkommunikationsmitteln (i.S.v. § 312 lit. c Abs. 2 BGB) und vollständig während der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung (die i.d.R. im Aufrechterhalten einer Telefonverbindung besteht) erfolgt.

 

Rz. 115

Fernkommunikationsmittel definiert § 312 lit. c Abs. 2 BGB als Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleic...

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