Rz. 104

Diese Ausnahme nach § 305 lit. a Nr. 2 lit. a BGB vom Grundsatz der Einhaltung des Einbeziehungserfordernisses des § 305 Abs. 2 BGB erfasst Fälle, in denen der Abschluss eines Beförderungsvertrags durch den Einwurf einer Postsendung (außerhalb von Geschäftsräumen) in den Briefkasten erfolgt.[257]

 

Rz. 105

Sofern der Vertragsabschluss durch Briefeinwurf dabei jedoch durch Geschäftsunfähige oder Minderjährige (§ 106 BGB) erfolgt, gewinnt in diesem Zusammenhang die tradierte Idee eines "Vertragsschlusses durch sozialtypisches Verhalten" nochmals an rechtlicher Bedeutung.[258]

 

Rz. 106

Der Gesetzgeber will mit § 305 lit. a Nr. 2 lit. a BGB dem Umstand Rechnung tragen, dass ein Großteil der Verträge über die Beförderung von Postsendungen im postalischen Massenverkehr nicht durch Abgabe einer Postsendung am Schalter einer Postfiliale, sondern durch Einwurf in einen Briefkasten geschlossen wird, den (bspw.) die Deutsche Post AG bundesweit aufgestellt hat, wobei der Beförderungsvertrag unmittelbar durch den Einwurf der Postsendung in den Briefkasten zustande kommt, der zugleich die Übergabe der Sendung (z.B. an die Deutsche Post AG) darstellt.[259]

 

Rz. 107

Damit erfasst die Norm – wortlautgetreu – nicht den Einwurf von Postsendungen in einen Briefkasten innerhalb des Postamts.[260] Auch wenn ein Brief am Schalter abgegeben wird, müssen die Erfordernisse des § 305 Abs. 2 BGB eingehalten werden mit der Folge, dass an Briefkästen innerhalb der Postdienststelle Aushänge angebracht sein müssen.[261]

 

Rz. 108

Bei dieser Konstellation eines Vertragsabschlusses (außerhalb des Geschäftsraums durch Einwurf der Postsendung in einen Briefkasten) können dem Kunden naturgemäß – aus praktischen Gründen – die einschlägigen Geschäftsbedingungen (etwa der Deutschen Post AG) nicht zur Kenntnis gebracht werden. Vor allem deshalb nicht, weil eine grundsätzlich alternativ mögliche Anbringung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen am Briefkasten (in tatsächlicher Hinsicht) leicht die Gefahr eines missbräuchlichen Überschreibens oder einer Beschädigung des Hinweises durch unbefugte Dritte mit sich brächte. Eine entsprechende Verfahrensweise (Fixierung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen am Briefkasten) ist auch wegen des Umfangs der einschlägigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen kaum praktikabel. Insoweit ist eine entsprechende Privilegierung (die nicht nur die Deutsche Post AG, sondern – im Zuge der Liberalisierung der Postmärkte – zwischenzeitlich auch alle sonstigen [privaten] Postdienstleister [sofern auch diese Briefkästen aufstellen] erfasst) als unverzichtbar angesehen worden.[262]

 

Rz. 109

Im Kontext mit § 305 lit. a Nr. 2 lit. a BGB bleibt somit zusammengefasst Folgendes festzuhalten: Nicht alle Beförderungsleistungen über Postsendungen, sondern nur bestimmte Beförderungsverträge – nämlich solche, die durch den Einwurf in den Briefkasten abgeschlossen werden – erfahren eine Privilegierung. Beförderungsverträge über Postsendungen, die hingegen in den Geschäftsstellen abgeschlossen werden, unterfallen uneingeschränkt § 305 Abs. 2 BGB. Damit differieren die Obliegenheiten des Verwenders nach der Art des Vertragsschlusses.[263]

[257] Dazu näher NK-BGB/Kollmann, § 305a Rn 5.
[258] So Jauernig, NJW 1972, 2; Jauernig, FamRZ 1974, 632; Jauernig/Stadler, § 305a BGB Rn 4.
[259] RegE, BT-Drucks 14/6040, S. 152 r. Sp.
[260] Jauernig/Stadler, § 305a BGB Rn 4.
[261] Palandt/Grüneberg, § 305a BGB Rn 4.
[262] So RegE, BT-Drucks 14/6040, S. 153 l. Sp.: "Die bisherige Begrenzung der Privilegierung auf die Deutsche Post AG ist daher (auch) zugunsten sonstiger Postdienstleister aufgehoben worden."
[263] AnwK-Schuldrecht/Hennrichs, § 305a BGB Rn 4.

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