Rz. 1031

Personen ab Erreichen der Altersgrenze (siehe die Tabelle in § 41 Abs. 2 SGB XII) und voll erwerbsgeminderte Personen ab Vollendung des 18. Lebensjahrs (§ 41 Abs. 1 und 3 SGB XII), haben nach dem SGB XII (früher Grundsicherungsgesetz)[1191] einen eigenen Sozialleistungsanspruch, soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen und/oder Vermögen decken können (§ 41 Abs. 2 SGB XII). Bei der Prüfung, ob der Anspruch besteht, sind Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 1 SGB XII). Hingegen werden – abweichend vom Sozialhilferecht – Unterhaltsansprüche gegenüber Eltern und Kindern grds. nicht berücksichtigt, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen (im Sinne des § 16 SGB IV) läge über 100.000 EUR jährlich;[1192] dabei spricht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass diese Einkommensgrenze nicht überschritten ist (§ 43 Abs. 2 SGB XII).

Der Leistungen der Grundsicherung decken sich gemäß § 42 SGB XII mit den Leistungen der Sozialhilfe; dazu gehören nicht die Pflegekosten. Die Grundsicherung muss beantragt werden; Leistungen werden erst ab Antragstellung erbracht. Anträge sind bei den für die Sozialhilfe zuständigen Behörden zu stellen.

Die Regelleistungen staffeln sich der Höhe nach ab dem 1.1.2022 wie folgt:

 
  Regelleistung Quelle SGB II
449,00 RL für allein Stehende 100 % § 20 Abs. 2 SGB II
404,00 RL für volljährige Partner innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft 90 % § 20 Abs. 3 SGB II
285,00 RL für Kinder von 0 bis 5 Jahren 60 % § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB II
311,00 RL für Kinder von 6 bis 13 Jahren 70 % § 74 SGB II
376,00 RL für Kinder von 14 bis 17 Jahren 75 % § 28 Abs. 1 Nr. 2 SGB II
360,00 RL für unter 25-Jährige im Haushalt der Eltern / RL für ohne Zustimmung ausgezogene U 25’er 80 % § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II / § 20 Abs. 2a SGB II
 

Rz. 1032

Zur Errechnung/Anrechnung verschiedener Leistungen folgendes Beispiel:

 

Rechenbeispiel (alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern)

Mutter M betreut zwei Kinder im Alter von 2 und 5 Jahren. Die Warmmiete beläuft sich auf 500 EUR/Monat. M hat ein Einkommen von 400 EUR (Brutto = Netto). Für das 2. Kind erhält sie Leistungen der Unterhaltsvorschusskasse.

Wie hoch ist die der M und den Kindern zustehende Gesamtleistung?

 
Arbeitslosengeld II/Sozialgeld  
Arbeitslosengeld II für M 449,00 EUR
Sozialgeld für 2 Kinder bis 6 J (je 60 % – 285 EUR) 570,00 EUR
Versicherungspauschale, % 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II 30,00 EUR
Mehrbedarf Alleinerziehende, § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II 162,00 EUR
  1.211,00 EUR
Unterkunftskosten 500,00 EUR
Einkommen  
Erwerbseinkommen 400,00 EUR
./. Grundfreibetrag § 11a Abs. 2 S. 2 SGB II 100,00 EUR
./. Freibetrag § 11b SGB  II 60,00 EUR
240 EUR 240,00 EUR
Kindergeld (2 x 225 EUR) 450,00 EUR
Unterhaltsvorschuss (2. Kind) 174,00 EUR
  864,00 EUR
Berechnung  
Bedarf ohne Unterkunftskosten 1.211,00 EUR
Unterkunftskosten 500,00 EUR
Abzüglich Einkommen 864,00 EUR
Anspruch 847,00 EUR
 

Rz. 1033

Unterhaltsansprüche des Leistungsempfängers gegen seine Kinder und seine Eltern gehen nicht auf den Träger der Grundsicherung über (abweichend vom Sozialhilferecht). Aber: Gerade deshalb wird vor der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen genau geprüft, ob vorrangige, den Anspruch ggf. ausschließende Unterhaltsansprüche gegen den nicht getrennt lebenden Ehegatten, den Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft oder gegen im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB XII leistungsfähige Eltern oder Kinder bestehen.

 

Rz. 1034

Grundsicherungsleistungen sind bei der Unterhaltsberechnung (beim Verwandtenunterhalt, insbesondere Kindesunterhalt, nicht beim Ehegattenunterhalt) als Einkommen zu berücksichtigen, da es sich – anders als die Sozialhilfe – nicht um eine subsidiäre Sozialleistung handelt. Sie werden also behandelt wie etwa Rentenzahlungen oder BAföG-Leistungen. Daher kann der Schuldner von Verwandtenunterhalt (also nicht Ehegattenunterhalt) verlangen, dass der Gläubiger vorrangig seine Ansprüche auf Grundsicherungsleistungen geltend macht.[1193]

[1191] Im Einzelnen: Klinkhammer, FamRZ 2002, 997 und 2003, 1793; Steymanns, FamRZ 2002, 1687; Günther, FF 2003, 10.
[1192] Jedes einzelnen Schuldners oder aller Schuldner in der Summe? Jetzt BSG FamRZ 2014, 385: Grundsicherung scheidet nur aus, wenn mindestens einer der Schuldner allein ein Gesamteinkommen von mehr als 100.000 EUR jährlich hat. So auch OLG Hamm FamRZ 2014, 1710, mit Anmerkung Jeschke, FamRZ 2015, 330.

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