Rz. 993

Der Sollbereich beschreibt den Bedarfsbereich sowohl des Verpflichteten als auch des Berechtigten, ggf. zuzüglich sonstiger Verpflichtungen.

Der Bedarf ist nicht allen Berechtigten gegenüber identisch. Er ist abhängig vom jeweiligen Eigenbedarf oder dem Selbstbehalt, der gegenüber dem betreffenden Berechtigten gilt.

 

Rz. 994

Im Verhältnis zwischen Ehegatten ist der beiderseitige Bedarf als eheangemessener Bedarf in Form des daraus zu errechnenden Quotenunterhalts zu berechnen. Der Mindestselbstbehalt gegenüber Ehegatten in Höhe von 1.280 EUR[1132] ist dabei zu beachten.

 

Rz. 995

 

Rechenbeispiele

1. Beispiel zur Bedarfsermittlung:[1133]

Nettoeinkommen M 2.100 EUR; eheprägendes monatliches Nettoeinkommen der geschiedenen Ehefrau F 1.400 EUR. Zinseinkünfte F: 200 EUR, Wohnvorteil F 600 EUR.

 
Bedarf der F:
2.100 EUR x 90 % 1.890 EUR
Zuzüglich 1.400 EUR x 90 % 1.260 EUR
Zuzüglich Zinsen 200 EUR
Zuzüglich Wohnvorteil 600 EUR
  3.950 EUR
½ 1.975 EUR
Bedarf des M:
2.100 x 55 % 1.155 EUR
1.400 x 45 % 630 EUR
½ von 200 EUR 100 EUR
½ von 600 EUR 300 EUR
  2.185 EUR

Die Leistungsfähigkeit des M wird unterschritten, wenn weitere Unterhaltspflichten oder Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, die er von den 2.185 EUR bezahlen muss. Läge das dem Pflichtigen nach Abzug des nicht eheprägenden Unterhalts und der nicht eheprägenden, berücksichtigungswürdigen Verbindlichkeiten verbleibende Einkommen unter 2.185 EUR, müsste der Unterhalt gemäß § 1581 BGB neu berechnet werden.

2. Beispiel zur Bedarfsermittlung bei Verbindlichkeiten:[1134]

Bereinigtes monatliches Nettoeinkommen M: 2.800 EUR. Ehebedingte Schulden M: 350 EUR. Trennungsbedingte, berücksichtigungsfähige Schulden M: 100 EUR. F verfügt über keine Einkünfte.

 
Bedarf der F:
Einkommen des M 2.800 EUR
Abzüglich ehebedingter Schulden 350 EUR
  2.450 EUR
X 45 % 1.102,50 EUR
Eheangemessener Bedarf des M:
55 % x 2.450 EUR 1.347,50 EUR
Abzüglich trennungsbedingte Schulden 100 EUR
  1.247,50 EUR

Der eheangemessene Bedarf des M von 1.347,50 EUR würde durch die Berücksichtigung der Verbindlichkeiten von monatlich 100 EUR unterschritten.

Da die trennungsbedingten Schulden die Ehe nicht geprägt haben, sind sie bei der Berechnung des Bedarfs nicht zu berücksichtigen.

Anders verhält es sich bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit des M.[1135] M ist in Höhe von 100 EUR nicht leistungsfähig, da sein eigener eheangemessener Bedarf von 1.347,50 EUR unterschritten würde, wenn er Unterhalt in Höhe von 1.102,50 EUR an F zahlen müsste. Daher steht der F lediglich ein Billigkeitsunterhalt nach § 1581 BGB zu.[1136]

 

Rz. 996

Beim Verwandtenunterhalt ist nicht nur der Selbstbehalt des Pflichtigen, sondern auch der – unterschiedliche – Bedarf des Verwandten zu beachten, der sich bei Kindern entweder an festen Sätzen nach der Düsseldorfer Tabelle oder aber bei Studierenden, die nicht im Haushalt eines Elternteils leben, nach festen Beträgen richten.[1137]

Mehrbedarf, zum Beispiel wegen Krankheit oder Ausbildungskosten, sind darin nicht enthalten.

 

Rz. 997

Im Rahmen der Leistungsfähigkeit sind auch berücksichtigungswürdige Verbindlichkeiten einzubeziehen, es sei denn, sie waren bereits zuvor bei der Einkommens- und Bedarfsberechnung berücksichtigt worden.

[1132] Düsseldorfer Tabelle Stand 1.1.2022.
[1133] Nach Soyka, FK-Sonderausgabe S. 4.
[1134] Nach Kleffmann/Soyka/Soyka, 4. Kapitel Rn 478 f.
[1135] BGH FamRZ 1998, 501.
[1136] Zu den Berechnungsmöglichkeiten vgl. Kleffmann/Soyka/Soyka, 4. Kapitel. Rn 480 ff.
[1137] 860 EUR, Anm. A.7. der Düsseldorfer Tabelle Stand 1.1.2022.

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