A. Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB)

 

Rz. 1

Dem Rechtsschutzversicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen (ARB) zugrunde. Diese wurden bis zum 1.7.1994 durch das damalige Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen inhaltlich kontrolliert.[1] Mit dem Wegfall der Inhaltskontrolle ist es den Versicherern möglich, die Bedingungen frei zu gestalten, soweit die §§ 305 ff. BGB dieses Recht nicht einschränken. Es ist eine steigende Tendenz der RSV zu verzeichnen, "hauseigene Bedingungen" zu verwenden.[2] Regelmäßig werden die ARB zusammen mit der Jahreszahl ihrer Einführung gekennzeichnet. Insoweit ist immer zu prüfen, welche ARB dem Vertragsverhältnis tatsächlich zugrunde liegen, weil diese von Unternehmen zu Unternehmen in ihrem Regelungsinhalt und ihren Deckungskonzepten unterschiedlich ausgestaltet sein können.[3] Nähere Informationen hierzu finden sich auf dem Versicherungsschein. Um den Versicherungsschutz inhaltlich zu prüfen, ist es insoweit unbedingt erforderlich, sich von dem Mandanten den Versicherungsschein und die jeweiligen Versicherungsbedingungen vorlegen zu lassen, soweit diese bei dem Mandanten vorhanden sind.

 

Rz. 2

Ist der Versicherungsschein abhandengekommen oder vernichtet, kann der Versicherungsnehmer von dem Versicherer die Ausstellung einer Ersatzurkunde verlangen, § 3 Abs. 2 VVG. Dieses Recht wird nunmehr in § 3 Abs. 3 VVG geregelt. Anhand des Versicherungsscheins kann geprüft werden, welche Versicherungsbedingungen tatsächlich dem Vertrag zugrunde liegen. Diese können dann über den Versicherer angefordert oder meist über das Internet bezogen werden. Hierbei ist darauf zu achten, ob durch den Versicherer die Versicherungsbedingungen übersandt werden, die tatsächlich dem Vertrag zugrunde liegen. In der Praxis werden nicht selten die Bedingungen zugesandt, die zufällig verfügbar sind. Meist handelt es sich hierbei um die aktuellen Bedingungen des RSV.

 

Rz. 3

In diesem Buch werden weitestgehend die ARB 75 und die ARB 94 behandelt, welche im Anhang abgedruckt und auf dem Markt noch stark verbreitet sind. Jedoch sind nicht wenige Rechtsschutzversicherer dazu übergegangen, nahezu jährlich neue Versicherungsbedingungen aufzulegen.[4]

[1] Buschbell/Hering, 116, 36.
[2] Mathy, Rechtsanwalt in eigener Sache: Kostenerstattung aus der Rechtsschutzversicherung?, r+s, 2009, 265.
[3] Van Bühren, Rechtsschutz – aktuelle Entwicklung des Bedingungsmarktes, AnwBl 2007, 473.
[4] Thiele, Rechtsschutzversicherung, SVR 2004, 266.

B. ARB 2010 und ARB 2012

 

Rz. 4

Zwischenzeitlich hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) seinen Mitgliedern eine Neufassung der ARB 2012 (Stand 2018) vorgestellt. Bereits die ARB 2010 beinhalteten in § 17 ARB 2010 erhebliches Risikopotenzial für die Anwaltschaft u.a. in Form von Zurechnungsvorschriften, Anzeige- und Abstimmungsobliegenheiten sowie Kostenminderungsobliegenheiten. Die Vorschrift soll daher zur Verdeutlichung auszugsweise vorgestellt werden:

 

3. Rechtsschutzfall

§ 17 Verhalten nach Eintritt des Rechtsschutzfalls

(1)Wird die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherungsnehmers nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles erforderlich, hat er

a) dem Versicherer den Rechtsschutzfall unverzüglich – ggf. auch mündlich oder telefonisch – anzuzeigen;
b) den Versicherer vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Rechtsschutzfalles zu unterrichten sowie Beweismittel anzugeben und Unterlagen auf Verlangen zur Verfügung zu stellen;
c)

soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden,

aa) Kosten auslösende Maßnahmen mit dem Versicherer abzustimmen, insbesondere vor der Erhebung und Abwehr von Klagen sowie vor der Einlegung von Rechtsmitteln die Zustimmung des Versicherers einzuholen;
bb)

für die Minderung des Schadens im Sinne des § 82 VVG zu sorgen. Dies bedeutet, dass die Rechtsverfolgungskosten so gering wie möglich gehalten werden sollen. Von mehreren möglichen Vorgehensweisen hat der Versicherungsnehmer die kostengünstigste zu wählen, indem er z.B. (Aufzählung nicht abschließend):

nicht zwei oder mehr Prozesse führt, wenn das Ziel kostengünstiger mit einem Prozess erreicht werden kann (z.B. Bündelung von Ansprüchen oder Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern als Streitgenossen, Erweiterung einer Klage statt gesonderter Klageerhebung),
auf (zusätzliche) Klageanträge verzichtet, die in der aktuellen Situation nicht oder noch nicht notwendig sind,
vor Klageerhebung die Rechtskraft eines anderen gerichtlichen Verfahrens abwartet, das tatsächliche oder rechtliche Bedeutung für den beabsichtigten Rechtsstreit haben kann,
vorab nur einen angemessenen Teil der Ansprüche einklagt und die etwa nötige gerichtliche Geltendmachung der restlichen Ansprüche bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die Teilansprüche zurückstellt,
in allen Angelegenheiten, in denen nur eine kurze Frist zur Erhebung von Klagen oder zur Einlegung von Rechtsbehelfen zur Verfügung steht, dem Rechtsanwalt einen unbedingten Prozessauftrag zu erteilen, der auch vorgerichtliche Tätigkeiten mit umfasst.

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