Rz. 21

Die Üblichkeit des anwaltlichen Stundenhonorars kann von unterschiedlichen Umständen abhängen, so vor allem, ob der Anwalt in einer kleineren oder größeren Stadt tätig ist, um welches Rechtsgebiet oder welche Branche es sich handelt und ob der Mandant Privatperson oder Unternehmer ist usw.[11]

 

Rz. 22

Ist die Ermittlung einer "üblichen Vergütung" nicht möglich, so soll nach überwiegender Auffassung die Vergütungsbestimmung des Rechtsanwalts nach den §§ 315, 316 BGB erfolgen.[12] Dabei hat der Rechtsanwalt regelmäßig die Bedeutung der geschuldeten Beratungstätigkeit und den wirtschaftlichen Wert für den Auftraggeber nach billigem Ermessen zu berücksichtigen, wobei Schwierigkeit, Ungewöhnlichkeit oder Dauer der verlangten Tätigkeit in die Abwägung einzubeziehen sind.[13]

 

Rz. 23

In jedem Fall sollte m.E. der Wert der anwaltlichen Beratung nach langjähriger Berufsausbildung nicht durch einen etwaigen Honorarverzicht gegenüber dem Rechtsschutzversicherer bzw. der Mandantschaft herabgewürdigt werden, zumal die gesetzlichen Gebühren eine adäquate Entlohnung des Auftrages nicht anstreben.[14] Bedauerlicherweise trägt das Prinzip der Mischkalkulation in der Praxis nicht mehr, weil größere Streitwerte eher selten geworden sind. Gerade in Zeiten, in denen – nach eigenen Erfahrungen des Autors – der technische Kundendienst eines bekannten Druckgeräteherstellers selbst für einfache Wartungsarbeiten einen Netto-Stundenlohn von 125,00 EUR zuzüglich 85,00 EUR Anfahrtspauschale innerhalb Berlins ansetzt, sollte es zum Selbstverständnis der Anwaltschaft gehören, sich die anwaltliche Beratung angemessen honorieren zu lassen. Dabei muss man sich auch selbst fragen, welchen Wert man der eigenen Leistung zubilligt. Dem Auftragnehmer obliegt das Preisbestimmungsrecht. Dieser Verpflichtung muss auch der Anwalt nachkommen. Selbst auf die Gefahr hin, den Mandanten zu verlieren. Dem Mandanten kann letztendlich nur ein unabhängiger und "wirtschaftlich auf gesunden Beinen stehender Anwalt" helfen.[15]

 

Rz. 24

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Entscheidung des OLG Koblenz hinzuweisen, wonach der Stundensatz eines Strafverteidigers von (höchstens) 400 EUR nicht sittenwidrig überhöht (§ 138 Abs. 1 BGB) ist.[16] Das OLG München hat eine Stundenvergütung in Höhe von 260 EUR ebenfalls nicht beanstandet.[17] Zu demselben Ergebnis kommt das OLG Frankfurt[18] unter Zugrundelegung einer Vergütung in Höhe zwischen 300 und 500 EUR. Soweit zur Frage der üblichen Vergütung und Vergütungsvereinbarungen.[19]

 

Rz. 25

Ob der Mandant die von ihm gezahlte Erstberatungsvergütung in voller Höhe vom RSV ersetzt verlangen kann, hängt von den dem Vertragsverhältnis tatsächlich zugrundeliegenden ARB ab. In der Regel können der Mandant und der Anwalt hierzu spontan keine Angaben machen. Die fünfundzwanzig Seiten (!) umfassenden neu aufgelegten GDV-Musterbedingungen ARB 2010 behandeln den hier fraglichen Leistungsumfang wie folgt:

Zitat

§ 5 Leistungsumfang

(1) Der Versicherer erbringt und vermittelt Dienstleistungen zur Wahrnehmung rechtlicher Interessen und trägt

a) bei Eintritt des Rechtsschutzfalles im Inland die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines am Ort des zuständigen Gerichtes ansässigen Rechtsanwaltes. Der Versicherer trägt in Fällen, in denen das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für die Erteilung eines mündlichen oder schriftlichen Rates oder einer Auskunft (Beratung), die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt und für die Ausarbeitung eines Gutachtens keine der Höhe nach bestimmte Gebühr festsetzt, je Rechtsschutzfall eine Vergütung bis zu … EUR. […]
 

Rz. 26

Insoweit ist es dem RSV selbst überlassen, die Kostenerstattung für die Erstberatung konkret auszugestalten. Da hinsichtlich der Höhe der "üblichen Vergütung" auch aus Unkenntnis des Bedingungswerkes Meinungsverschiedenheiten entstehen können, ist es angeraten, mit dem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung für die (Erst-)Beratungstätigkeit abzuschließen und die diesbezüglichen Kosten im Vorfeld offenzulegen, um Zwistigkeiten zu vermeiden. Verschiedene Textmuster für die Gebührenvereinbarung hat der DAV auf seiner Homepage[20] veröffentlicht.

 

Rz. 27

Alternativ könnte der Mandant gebeten werden, sich die Kostenübernahme auch der Höhe nach vom RSV bestätigen zu lassen. Nicht selten scheuen die Kolleginnen und Kollegen hiervor zurück, weil sie befürchten, der Mandant könnte bei telefonischer Kontaktaufnahme mit dem RSV einen Vertragsanwalt oder die Hotline im Rahmen des aktiven Schadensmanagements empfohlen bekommen.

 

Rz. 28

Aus Verbrauchersicht zu begrüßen ist schließlich die in der täglichen Praxis mitunter zu beobachtende Vorgehensweise der RSV, auf die Anrechnung einer Selbstbeteiligung zu verzichten, wenn die Erstberatung zur Erledigung des Rechtsschutzfalles führt. Nicht selten ist dies auch konkret in den neueren ARB so ausgestaltet und ist vom VN in Erfahrung zu bringen.

 

Rz. 29

Die Erfahrung zeig...

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