Rz. 40

Gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 KSchG ist die betriebsbedingte Kündigung nur sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebsbedingte – außerbetriebliche oder innerbetriebliche – Gründe bedingt ist, die das Bedürfnis einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entfallen lässt. Eine wesentliche Aufgabe der Arbeitsgerichte im Kündigungsschutzprozess ist bei außer- wie innerbetrieblichen Kündigungsgründen diese Kausalitätsprüfung.[61]

 

Rz. 41

Dabei ist für eine Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung insbesondere von Bedeutung, dass es nicht auf den Wegfall eines bestimmten Arbeitsplatzes eines bestimmten Arbeitnehmers ankommt, sondern dass ohne überobligatorische Leistungen der verbleibenden Arbeitnehmer Arbeitsaufgaben umorganisiert werden oder entfallen und ein Arbeitskräfteüberhang entsteht.[62] Dieser Arbeitskräfteüberhang soll aus Sicht des Arbeitgebers der Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers im Wege stehen.

 

Rz. 42

 

Hinweis

So kann der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers bestehen bleiben, aber einem vergleichbaren sozial schutzwürdiger Arbeitnehmer muss von Seiten des Arbeitgebers dieser bestimmte Arbeitsplatz bei der Sozialauswahl zugeteilt werden.

Den Wegfall der vertragsgemäßen betrieblichen Beschäftigung für den oder die gekündigten Arbeitnehmer spätestens zum Ablauf der jeweiligen Kündigungsfrist, für den die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers ursächlich ist, muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess darlegen und beweisen.

Hier ist für den/die Arbeitnehmer von Bedeutung, die betriebliche Wirklichkeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu beobachten und Hinweise zu sammeln, dass der vom Arbeitgeber vorgegebene Arbeitskräfteüberhang nicht entsteht und seiner vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung im Betrieb nicht entgegensteht.

 

Rz. 43

Der Arbeitgeber hat alle vertragsgemäßen freien betrieblichen Arbeitsplätze – unabhängig vom jeweiligen Vertragsarbeitgeber – hinsichtlich der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu prüfen.[63] Ein Arbeitskräfteüberhang ist jedoch beispielsweise nicht festzustellen, wenn im Betrieb auf dauerhaft bestehenden Arbeitsplätzen weiterhin Leiharbeitnehmer beschäftigt werden. Diese gelten als freie Arbeitsplätze.[64]

Liegt ein Gemeinschaftsbetrieb vor, so handelt es sich bei einem freien Arbeitsplatz mit einer Vertragsanbindung an ein noch existierendes anderes Unternehmen des Gemeinschaftsbetriebs auch um einen freien anderen Arbeitsplatz.[65]

 

Rz. 44

Vertragsgemäße freie Arbeitsplätze und damit kein Arbeitskräfteüberhang sind auch bei solchen vertraglich vergleichbaren Arbeitsplätzen gegeben, die zum Zeitpunkt der Kündigung absehbar bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder zeitnah zu diesem Zeitpunkt noch frei werden.[66]

Wird dagegen das Beschäftigungsvolumen im Betrieb nicht reduziert, fehlt ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.[67]

Ein Arbeitskräfteüberhang ist somit nicht gegeben:

wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsplatz frei ist oder

wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung absehbar ist, dass zum Ablauf der Kündigungsfrist oder unmittelbar nach Ablauf der Kündigungsfrist ein Arbeitsplatz frei wird oder in absehbarer Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist frei werden wird und dem Arbeitgeber eine Überbrückung dieses Zeitraums zumutbar ist.[68]

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