Rz. 21

Ausgangspunkt der betriebsbedingten Kündigung ist die organisatorische Unternehmerentscheidung. Aufgrund innerbetrieblicher oder außerbetrieblicher Gründe muss sich der Arbeitgeber entschieden haben, die Organisation seines Betriebes derart zu verändern, dass bei der Umsetzung dieser neuen organisatorischen Maßnahmen ein oder mehrere Arbeitsplätze wegfallen.

 

Rz. 22

Die Entscheidung des Arbeitgebers, ob und wie er seinen Betrieb organisiert, ist ihm nach ständiger Rechtsprechung des BAG selbst vorbehalten. Die einer solchen betrieblichen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung sei gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.[19] Eine sachliche und insbesondere betriebswirtschaftliche Nachprüfung, insbesondere auch, ob die zu erwartenden Vorteile in einem vernünftigen Verhältnis zu den Nachteilen für die betroffenen Arbeitnehmer stehen, soll seitens des Arbeitsgerichts nicht vorgenommen werden.[20]

Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass die Unternehmerentscheidung unvernünftig und willkürlich ist, so geht das BAG davon aus, dass der Arbeitnehmer den diesbezüglichen Rechtsmissbrauch bzw. die Willkür nachzuweisen habe, da dem Arbeitgeber grundsätzlich die Sachgemäßheit seiner unternehmerischen Entscheidung zu Gute gehalten werde.[21]

Diese Rechtsprechung des BAG wird zutreffend von Teilen der Literatur nicht geteilt.[22]

Aufgabe eines Arbeitnehmervertreters bleibt es, im Rahmen der seitens des BAG gegebenen Möglichkeiten die unternehmerische Entscheidung arbeitsgerichtlich zur Überprüfung zu bringen. Voll überprüfbar ist, ob die fragliche unternehmerische Entscheidung getroffen und tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfallen ist.[23]

 

Rz. 23

 

Hinweis

Der Arbeitgeber hat die Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die Tatsachen, wer, wann und welche unternehmerische Entscheidung getroffen hat (zur Darlegungs- und Beweislast der betriebsbedingten Kündigung s. auch unter Rdn 239 ff.). Der Arbeitnehmervertreter kann und sollte nicht nur den Vortrag des Arbeitgebers bestreiten, sondern immer mit Hilfe des Mandanten und des Betriebsrats recherchieren, den Sachvortrag des Arbeitgebers überprüfen, ob und welche Unternehmerentscheidung wirklich getroffen und umgesetzt wurde, wie beispielsweise – wird der Betrieb wirklich stillgelegt oder bestehen noch Verkaufsverhandlungen –, ist der Entschluss für die Maßnahme tatsächlich ernstlich und endgültig getroffen, ist die Maßnahme kausal für den Arbeitsplatzabbau.

 

Rz. 24

Nachweispflichten des Arbeitgebers im Kündigungsschutzverfahren zur unternehmerischen Entscheidung:

Der Arbeitgeber muss die Organisationsentscheidung als solche nachweisen.

Das tatsächliche Vorliegen der Entscheidung hat der Arbeitgeber substantiiert vorzutragen, nämlich wer, wann für die Arbeitgeberin welche unternehmerische Entscheidung getroffen hat.
Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung endgültig und vorbehaltlos zur Vornahme einer Maßnahme entschlossen war, die, wenn sie tatsächlich durchgeführt wird, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist den Arbeitsplatzverlust zur Folge hat. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein.[24] Der bloße Kündigungswille des Arbeitgebers ist kein Grund, der eine Kündigung i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen könnte.[25]

Auch wenn das BAG festgestellt hat, dass die Unternehmerentscheidung, auf die kündigungsrechtlich abzustellen ist, regelmäßig keinen wirksamen Beschluss des im Innenverhältnis zuständigen Gremium voraussetzt,[26] ist anzuraten, im Kündigungsschutzverfahren einen solchen zu bestreiten und Tatsachenvortrag im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des zuständigen Gremiums zu verlangen. Der Beschluss mag nach dem BAG nicht im Innerverhältnis wirksam sein müssen, aber er muss es im Außenverhältnis. Dies gilt es auch zu überprüfen und möglicherweise wird anhand des von der Arbeitnehmerseite geforderten Vortrags des Arbeitgebers zur Beschlussfassung auch deutlicher, ob und wann der behauptete Beschluss überhaupt gefasst wurde.

Der Arbeitgeber muss die Kausalität der Unternehmerentscheidung und seiner Umsetzung für den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers (spätestens) zum Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist nachweisen.

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