Rz. 52

Kurzarbeit entlastet den Arbeitgeber von Lohnkosten und ist gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 2 SGB III dazu da, bei einem erheblichen Arbeitsausfall, der u.a. vorübergehend ist, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, die Arbeitnehmer gerade nicht zu entlassen, sondern das Arbeitsverhältnis bestehen zu lassen. Die Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit soll auch das Interesse der Allgemeinheit wiederspiegeln, lieber präventiv ein bestehendes Arbeitsverhältnis mit dem langfristigen Ziel zu unterstützen, dass es erhalten bleibt, als darauf zu warten, dass ohne diese Unterstützung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Arbeitgeber Kündigungen ausspricht.

Aus diesem Grund ist die Kurzarbeit das mildere Mittel zu einer Beendigungskündigung bei vorübergehendem Arbeitsausfall.

 

Rz. 53

Da die betriebsbedingte Kündigung einen dauerhaften Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit verlangt, indiziert an sich bereits der vorübergehende Arbeitsausfall, dass aufgrund dieses Sachverhalts keine Beendigungskündigung gerechtfertigt sein kann.[80]

 

Rz. 54

Der Arbeitgeber hat bei einem vorübergehenden Arbeitsausfall zur Vermeidung einer Beendigungskündigung als milderes Mittel in jedem Fall vorher die Kurzarbeit einzuführen.[81] Dem BAG ist nicht zu folgen, wenn es die Feststellung, ob eine Beendigungskündigung durch die Einführung von Kurzarbeit hätte vermieden werden können, davon abhängig macht, dass der Betriebsrat von seinem Initiativrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zur Einführung von Kurzarbeit Gebrauch gemacht hat.[82] Vielmehr hat der Arbeitgeber bei voraussichtlich nur vorübergehendem Arbeitsausfall den Betriebsrat aufzufordern, Kurzarbeit zu vereinbaren und diese notfalls auch in der Einigungsstelle durchzusetzen.[83]

Ist die Kurzarbeit eingeführt, so kann die betriebsbedingte Beendigungskündigung nur gerechtfertigt sein, wenn selbst dann noch ein Arbeitskräfteüberhang besteht.[84] Ein dauerhafter Entfall von Beschäftigungsbedarf kann aufgrund weiterer, später eingetretener Umstände vorliegen. Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber die Möglichkeiten zur Reduzierung der geschuldeten Arbeitszeit, die ihm die Regelungen der Kurzarbeit bieten, in vollem Umfang ausgeschöpft hat.[85] Dies hat er in einem Kündigungsschutzverfahren auch darzulegen und zu beweisen.

[80] Vgl. BAG v. 23.2.2012 – 2 AZR 548/10, NZA 2012, 852; KR/Griebeling/Rachor, § 1 KSchG Rn 569.
[81] Zutreffend HK-ArbR/Schubert, § 1 KSchG Rn 404.
[82] Vgl. BAG v. 4.3.1986 – 1 ABR 15/84, NZA 1986, 432; ebenso HWK/Quecke, § 1 KSchG Rn 272.
[83] A.A. HWK/Quecke, § 1 KSchG Rn 272, SPV/Preis, Rn 1005.
[84] Vgl. BAG v. 23.2.2012 – 2 AZR 548/10, NZA 2012, 852; BAG v. 8.11.2007 – 2AZR 418/06, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 172.

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