Rz. 241

Zwingenden Charakter haben nach § 2 Nr. 4 AEntG auch die Bedingungen für die Überlassung von Arbeitskräften, insb. durch Leiharbeitsunternehmen. Zwingende Anwendung findet daher auch das AÜG.

Bereits vor Inkrafttreten des AEntG war allgemein anerkannt, dass das AÜG nach dem Territorialitätsprinzip für jede gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland Anwendung findet. Daher ist das AÜG zum einen zu beachten, wenn ein deutscher Verleiher Arbeitnehmer ins Ausland überlässt. Zum anderen finden die Vorschriften des AÜG auch dann Anwendung, wenn inländischen Entleihern Leiharbeitnehmer aus dem Ausland überlassen werden.

 

Rz. 242

Nach § 1 Abs. 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlassen, einer Erlaubnis. Die Definition der Gewerbsmäßigkeit ergibt sich aus dem Gewerberecht. Danach ist gewerbsmäßig jede nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf die Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile gerichtete selbstständige Tätigkeit. Der Begriff der Gewerbsmäßigkeit wird dabei sehr weit ausgelegt. Lediglich bei der gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung fehlt es an der erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht, sodass das AÜG nicht anzuwenden ist. § 1a AÜG regelt die Tatbestände, in denen die Überlassung keiner Genehmigung, sondern lediglich einer Anzeige bedarf.

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG finden die Vorschriften des AÜG auf Arbeitnehmerüberlassungen zwischen Konzernunternehmen i.S.d. § 18 AktG größtenteils keine Anwendung.

 

Rz. 243

Findet das AÜG hingegen Anwendung, bedarf der Verleiher einer Erlaubnis der BfA. Besonders gravierend ist insoweit, dass ausschließlich Verleihunternehmen mit Sitz in einem EU/EWR-Mitgliedstaat eine Verleiherlaubnis erhalten (§ 3 Abs. 2 AÜG). Besitzt ein Verleihunternehmen diese Erlaubnis, muss es zudem die Zulassungsvoraussetzungen des Staates erfüllen, in dem sein Geschäftssitz liegt.

 

Rz. 244

Wird ein Arbeitnehmer ohne die erforderliche Genehmigung überlassen, hat dies zwei Konsequenzen:

Zunächst einmal handelt es sich bei einer Arbeitnehmerüberlassung ohne die erforderliche Genehmigung um eine Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 AÜG, die mit einer Geldbuße bis zu 25.000,00 EUR geahndet werden kann. Ordnungswidrig ist dabei jeder einzelne Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung.

Daneben wird nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert. Diese Fiktion ist im Rahmen einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nicht widerlegbar. Handelt es sich hingegen um eine nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, wird nach ständiger Rechtsprechung des BAG zwar ebenfalls ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert. Diese Vermutung ist bei der nicht gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung aber widerlegbar. Die Vermutung ist nach Ansicht des BAG insb. dann widerlegt, wenn der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses auch nach Ablauf der Überlassungsfrist im Verhältnis zum überlassenden Arbeitgeber liegt.[11]

 

Rz. 245

Wird letztlich ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiert, unterliegt es deutschem Recht. Eine Rechtswahl für dieses fingierte Arbeitsverhältnis scheidet aus. Daher richtet sich die anzuwendende Rechtsordnung gem. Art. 8 Abs. 1 VO (EG) 593/08 nach dem Ort der Arbeitsleistung bzw. der einstellenden Niederlassung. Der Inhalt des fingierten Arbeitsverhältnisses bestimmt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 2 bis 5 AÜG. Primäres Ziel ist dabei, den Arbeitnehmer in die Betriebsstätte des Entleihers zu integrieren.

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