Rz. 27

Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche sind nach Auffassung des BAG Masseforderungen, auch soweit sie aus Kalenderjahren vor der Insolvenzeröffnung stammen.

 

Rz. 28

Das BAG[14] hat für Urlaubsabgeltungsansprüche inzwischen Folgendes festgestellt:

Wenn das Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet worden ist, ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG Masseverbindlichkeit i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Urlaubsabgeltungsansprüche entstehen erst mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und können nicht einem früheren Zeitraum zugeordnet werden. Deshalb ist es für die Einordnung als Masseverbindlichkeit unerheblich, ob die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgereicht hätte, den Urlaubsanspruch durch Freistellung von der Arbeitspflicht zu erfüllen.

 

Rz. 29

Ansprüche auf Urlaubsabgeltung sind somit Masseverbindlichkeiten i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO; das gilt nach der Auffassung des LAG Sachsen[15] für den Urlaubsabgeltungsanspruch insgesamt. Eine Aufteilung in einen vor und einen nach Verfahrenseröffnung entstehenden Teilurlaubsanspruch ist danach mit dem Urlaubsrecht nicht vereinbar. Bestimmt der Insolvenzverwalter mit seiner Freistellungserklärung i.S.d. § 366 Abs. 1 BGB, welche Ansprüche er in welcher Reihenfolge mit der Freistellung erfüllen will, soll mit der Formulierung "unter Anrechnung seiner Ausgleichsansprüche nach dem Arbeitskonto, unter Anrechnung seiner Urlaubsansprüche" zuerst die Freistellung unter Anrechnung der Ausgleichsansprüche nach dem Arbeitszeitkonto und danach unter Anrechnung der Urlaubsansprüche erfüllt werden; ein anderer Sinn kommt dieser Reihenfolge für den Arbeitnehmer erkennbar (§ 133 BGB) nicht zu. Die mit einer Freistellungserklärung vorgenommene Tilgungsbestimmung des § 366 Abs. 1 BGB gilt auch bei einer Mehrheit von Forderungen aus demselben Schuldverhältnis.

 

Rz. 30

Das gilt auch für tarifliche Urlaubsgeldansprüche, soweit sie vom Bestand des Urlaubsanspruchs abhängig sind. Etwaige Ausschlussfristen sind aber zu beachten.[16]

 

Rz. 31

Hat der Arbeitnehmer im Insolvenzverfahren eine Hauptforderung (u.a.) mit der Bezeichnung "Urlaub" und der Angabe eines Geldbetrages angemeldet, kann dem eine wirksame Geltendmachung des Urlaubsanspruchs nicht entnommen werden. Die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren ist keine wirksame Geltendmachung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs, wenn zum Zeitpunkt der Forderungsanmeldung noch gar kein Urlaubsabgeltungsanspruch besteht; denn zu diesem Zeitpunkt steht noch nicht fest, ob der Urlaub bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in Natur eingebracht wird. Ist einem dem Arbeitnehmer übermittelten Auszug des Amtsgerichts aus der Insolvenztabelle und dem dazu beigefügten Hinweis nicht nur zu entnehmen, dass der Insolvenzverwalter die Forderung des Arbeitnehmers gerade im Hinblick auf den Urlaub nicht akzeptiert und ausdrücklich bestreitet, sondern dass der Arbeitnehmer auch gehalten ist, nunmehr seine Forderung gerichtlich geltend zu machen, weil sonst eine Berücksichtigung seines Anspruchs nicht erfolgt, besteht ein etwaiges Vertrauen des Arbeitnehmers darauf, der Insolvenzverwalter werde seinen Anspruch erfüllen, nicht mehr.[17]

 

Rz. 32

Damit ist aber der Insolvenzrang dieser Ansprüche innerhalb der Masseverbindlichkeiten noch nicht bestimmt. Beschäftigt der Insolvenzverwalter den Arbeitnehmer weiter, begründet dies Neumasseverbindlichkeiten i.S.v. § 209 Abs. 2 InsO.

 

Rz. 33

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld, der vom Insolvenzverwalter "unter Anrechnung auf offenen Urlaub" unwiderruflich freigestellt ist, begründet keine Neumasseverbindlichkeit i.S.v. § 209 Abs. 2 InsO.[18] Das BAG begründet dies damit, dass der Insolvenzmasse kein "wirtschaftlicher Gegenwert" zugeflos­sen sei.

 

Rz. 34

Wird der Arbeitnehmer vom Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zur Arbeitsleistung herangezogen, so hat der Insolvenzverwalter noch offene Urlaubsansprüche nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 BUrlG durch Freistellung von der Arbeitspflicht ohne jede Einschränkung zu erfüllen. Für den von ihm gewährten Urlaub gilt, dass der Anspruch auf Urlaubsentgelt nur anteilig als Neumasseverbindlichkeit zu berichtigen ist. Zur Berechnung ist der in Geld ausgedrückte Jahresurlaub des Arbeitnehmers ins Verhältnis zu der Dauer der nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit erbrachten Arbeitsleistung zu setzen.[19]

 

Rz. 35

 

Hinweis

Gleiches gilt für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung.[20]

 

Rz. 36

Wird der Arbeitnehmer durch den Insolvenzverwalter von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt, behält er bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses neben seinem Entgeltanspruch auch seinen Urlaubsanspruch. Jedoch kann der Urlaubsanspruch durch einseitige Erklärung des Insolvenzverwalters, dass die Freistellung auf den Urlaubsanspruch angerechnet werde, wirksam erfüllt werden.[21]

 

Rz. 37

Oft werden Arbeitnehmer in Zusammenha...

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