1. Abfindung aus vorinsolvenzlicher Zeit

 

Rz. 18

Abfindungen nach §§ 9, 10 KSchG stellen für den Fall, dass sie vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart oder ausgeurteilt werden, keine bevorrechtigten Forderungen dar, auch wenn die Kündigung erst nach der Verfahrenseröffnung erfolgt:[5]

Beruht der Anspruch auf Abfindung auf einer Regelung in dem Arbeitsvertrag, dass für der Fall der Beendigung eine Abfindung zu zahlen ist, stellt dieser Abfindungsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO dar. Das wird damit begründet, dass dieser Anspruch im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits aufschiebend bedingt entstanden war, so dass der Arbeitnehmer hierfür nur eine gewöhnliche Gläubigerstellung erhält.[6]
Wird eine Abfindungsforderung durch eine Altersteilzeit- und Abfindungsvereinbarung vor dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet, liegt auch dann für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Masse­verbindlichkeit i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor, wenn erst der Insolvenzverwalter kündigt.[7]
Abfindungsforderungen, die auf einem vor Insolvenzeröffnung abgeschlossenen Tarifvertrag beruhen und durch eine Kündigung des Insolvenzverwalters ausgelöst werden, sind ebenfalls keine Masseforderungen i.S.v. § 55 Abs. 1 InsO.[8]
 

Rz. 19

Der Rücktritt eines Arbeitnehmers von einem mit dem Arbeitgeber geschlossenen Aufhebungsvertrag wegen Nichtzahlung der vereinbarten Abfindung ist ausgeschlossen, wenn das Insolvenzgericht dem Arbeitgeber nach dem Eröffnungsantrag derartige Zahlungen gem. § 21 InsO untersagt hat.[9]

2. Abfindung aus nachinsolvenzlicher Zeit

 

Rz. 20

Wird jedoch eine solche Abfindung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbart, ist sie durch eine Handlung des Insolvenzverwalters ausgelöst worden und wird dann als Masseverbindlichkeit nach § 55 InsO behandelt (siehe § 1 Rdn 274).

3. Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG in der Insolvenz

 

Rz. 21

Für die insolvenzrechtliche Behandlung von Abfindungsansprüchen nach § 1a KSchG kommt es auf den Zeitpunkt ihres Entstehens an. Nach Stiller[10] ergibt sich dabei die folgende Einordnung:

 
Kündigung durch Zeitpunkt der ­Kündigung Beendigung des ­Arbeitsverhältnisses Rechtsfolge
Gemeinschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Einfache Insolvenzforderung,

§ 38 InsO,

bei erfolgter Auszahlung ggf. anfechtbar gem. §§ 130 I, 143 I 1 InsO;

Verstreichenlassen der Klagefrist ggf.

– anfechtbar nach § 123 BGB

– nachträgliche Klagezulassung gem. § 5 KSchG
Gemeinschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Einfache Insolvenzforderung, § 38 InsO, (str.)
"Schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Einfache Insolvenzforderung, § 38 InsO, (str.)
"Starker" vorläufiger Insolvenzverwalter vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeit, § 55 II 1 InsO
Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeit, § 55 II 1 InsO
[10] Stiller, NZI 2005, 77 ff.

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