1. Frühere Gesetzeslage
Rz. 63
Bis zum 30.6.1983 bestand zugunsten aller Sozialversicherungsträger ein absolutes Quotenvorrecht nach § 1542 RVO mit der Folge, dass die gesamten Schadensersatzzahlungen des Schädigers zunächst dem Sozialversicherungsträger für dessen Aufwendungen zugutekamen und nur der verbleibende Teil dem Geschädigten verblieb.
Beispiel
Der Geschädigte erleidet einen Verdienstausfallschaden von 3.000 EUR. Seine Krankenkasse zahlt ein Krankengeld von 2.400 EUR. Der Eigenschaden beträgt 600 EUR. Der Schädiger haftet nur zu 50 %, hat also von dem unfallbedingten Verdienstausfall von 3.000 EUR nur 1.500 EUR zu erstatten.
Rz. 64
Nach der Gesetzeslage bis zum 30.6.1983 erhielt der Sozialversicherer (Krankenkasse) aufgrund seines absoluten Quotenvorrechts nach § 1542 RVO die Schädigerzahlung von 1.500 EUR uneingeschränkt. Der Geschädigte selbst ging bis zum 30.6.1983 wegen des vorerwähnten Quotenvorrechts der Krankenkasse nach § 1542 RVO leer aus.
Rz. 65
Insoweit ist die Gesetzeslage nach § 116 Abs. 3 SGB X ab 1.7.1983 für den Geschädigten wesentlich günstiger.
Beachte
Das absolute Quotenvorrecht der Sozialversicherungsträger ist aber noch bei allen Schadensfällen anzuwenden, die sich bis zum 30.6.1983 (sog. Altfälle) ereigneten. Dadurch, dass auch die Träger der Sozialhilfe ab dem 1.7.1983 in den Forderungsübergang des § 116 SGB X einbezogen wurden, können im Gegensatz zur früheren Rechtslage Schmerzensgeldansprüche des Geschädigten von den Sozialhilfeträgern auch nicht mehr nach §§ 90, 91 BSHG a.F. – jetzt §§ 93, 94 SGB XII – auf diese übergeleitet werden. § 116 SGB X ist gegenüber den §§ 90, 91 BSHG a.F. – jetzt §§ 93, 94 SGB XII – lex specialis.
2. Heutige Gesetzeslage
Rz. 66
Ist der Schadensersatzanspruch durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Sozialleistungsträger nur der der Haftungsquote des Schädigers entsprechende Anteil über (relative Theorie, § 116 Abs. 3 SGB X).
Beachte
Der Schädiger haftet für den entstandenen Schaden stets nur in Höhe seiner Haftungsquote.
Rz. 67
Das bedeutet, dass der Schädiger dem Sozialleistungsträger und dem Geschädigten für jede einzelne Schadensposition nur den seiner Haftungsquote entsprechenden Teil des Schadensersatzes schuldet. Diese der Haftungsquote des Schädigers entsprechende Zahlung müssen der Geschädigte und die Sozialleistungsträger untereinander aufteilen, soweit ein Forderungsübergang auf Sozialleistungsträger erfolgt ist.
Rz. 68
Beispiel
Ein Geschädigter hat unfallbedingten Verdienstausfall in Höhe von 3.000 EUR. Das von seiner Krankenkasse gezahlte Krankengeld beträgt 2.400 EUR. Der ungedeckte Verdienstausfallschaden beträgt demnach 600 EUR.
Der Schädiger haftet mit einer Haftungsquote von 50 %, sodass er insgesamt nur 50 % von 3.000 EUR zu erstatten hat, das sind 1.500 EUR. Hiervon erhält die gesetzliche Krankenkasse entsprechend der Haftungsquote des Schädigers 50 % ihrer Krankengeldaufwendungen, also 1.200 EUR. Der Geschädigte erhält 50 % seines verbleibenden Verdienstausfalls, also 300 EUR.
Rz. 69
Diese Aufteilung der Schadensersatzzahlungen des Schädigers entspricht der so genannten relativen Theorie des § 116 Abs. 3 S. 1 SGB X. Sie gilt für sämtliche Schadensfälle ab dem 1.7.1983.