Rz. 3

Bei der allgemeinen Sachrüge muss der Verteidiger nur einen einzigen Satz schreiben: "Ich rüge die Verletzung materiellen Rechts." Eine Falle tut sich allerdings auf: Wer pauschal und sofort mit der Rechtsbeschwerdeeinlegung die Verletzung materiellen Rechts rügt, versagt sich gleichzeitig die Rettungsmöglichkeit, wegen der Begründungsfrist für die Verfahrensrüge Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erhalten.[3] Denn mit der Sachrüge wurde ja bereits eine Begründung abgegeben.

 

Rz. 4

Der Verteidiger sollte sich bei der allgemeinen Sachrüge zudem im Klaren darüber sein, dass er die Beweiswürdigung des Tatrichters in der Regel nicht erfolgreich angreifen kann. Nur wenn die Grenze des Vertretbaren überschritten wurde, etwa wegen Widersprüchen, Unklarheiten, Lücken, des Verstoßes gegen Denkgesetze oder gegen gesicherte Erfahrungssätze, ist die erstinstanzliche Rechtsanwendung für das Rechtsbeschwerdegericht überhaupt disponibel. Wenn also der Mandant bzw. der Verteidiger lediglich eine andere Auslegung der Beweisergebnisse für sich beansprucht, sollte man klug abwägen, ob sich die Rechtsbeschwerde wirklich lohnt, etwa wegen des Zeitgewinns für das Register oder ein Fahrverbot. Allerdings verpflichtet man auch den erstinstanzlichen Richter zur vollen Begründung des Urteils. Das ist wiederum eine potentielle Fehlerquelle, die der Verteidiger für sich nutzen kann.

 

Rz. 5

Schließlich darf der Verteidiger die allgemeine Sachrüge, also die falsche Anwendung des materiellen Rechts, nicht mit der Aufklärungsrüge, einer Verfahrensrüge, vermischen. Geschieht dies, kann das Gericht trotz des richtigen "Einleitungssatzes" schlimmstenfalls zu dem Ergebnis kommen, dass gar keine Sachrüge in zulässiger Weise erhoben wurde.

 

Rz. 6

Möchte der Verteidiger neben der allgemeinen Sachrüge auch konkrete Verstöße gegen materielles Recht geltend machen, bietet sich eine Formulierung mit "insbesondere" an, da ja dem Rechtsbeschwerdegericht nicht verwehrt werden soll, selbst Verstöße des Erstgerichts zu entdecken.

 

Rz. 7

Muster 39.1: Rechtsbeschwerde: Sachrüge

 

Muster 39.1: Rechtsbeschwerde: Sachrüge

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

hiermit lege ich namens und mit Vollmacht des Betroffenen Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts _________________________ vom _________________________ ein.

(optional) Bereits an dieser Stelle rüge ich die Verletzung materiellen Rechts und erhebe die allgemeine Sachrüge.

(optional) Die Begründung der Rechtsbeschwerde wird nach Zustellung des vollständig begründeten Urteils innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist erfolgen. Zusammen mit der Zustellung des Urteils beantrage ich erneut Akteneinsicht.

 

Rz. 8

Muster 39.2: Rechtsbeschwerde: Sachrüge (Verwerfungsurteil mit Fahrverbot)

 

Muster 39.2: Rechtsbeschwerde: Sachrüge (Verwerfungsurteil mit Fahrverbot)

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

hiermit lege ich namens und mit Vollmacht des Betroffenen Rechtsbeschwerde gegen das den Einspruch verwerfende Urteil des Amtsgerichts _________________________ vom _________________________ ein und beantrage die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Zurückverweisung der Sache an das zuständige Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

Die Rechtsbeschwerde begründe ich mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts, mithin aufgrund der allgemeinen Sachrüge, wie folgt:

Gegen den Betroffenen erging nach § 74 Abs. 2 OWiG das angefochtene Verwerfungsurteil. Der Tenor lautete jedoch auf mehr als die Verwerfung des Einspruchs vom _________________________ gegen den Bußgeldbescheid vom _________________________ und enthielt zusätzlich die Anordnung eines Fahrverbots von einem Monat Dauer unter Anordnung der Schonfrist von vier Monaten. Offenbar hat das Gericht diese Anordnung vorgenommen in der Ansicht, die Bußgeldbehörde habe ein Regelfahrverbot gegen den Betroffenen in rechtswidriger Weise nicht in den Bußgeldbescheid aufgenommen. Denn in der Begründung des Bußgeldbescheides fanden sich Ausführungen und die angewendeten Normen zum Fahrverbot, nicht aber ein dazu passender Ausspruch im "Tenor" des Bußgeldbescheides. Eine solche "klarstellende" Tenorierung im Verwerfungsurteil ist unzulässig, jedenfalls seit der Neufassung des § 74 Abs. 2 OWiG, welche eine Sachentscheidung im einzig vorgesehenen Prozessurteil nicht erlaubt (vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 22.8.2011 – 1 RBs 139/11 = zfs 2012, 51; OLG Koblenz, Beschl. v. 1.6.2004 – 1 Ss 311/03 = NZV 2005, 52).

 

Rz. 9

Muster 39.3: Rechtsbeschwerde: Sachrüge (Höhe der Geldbuße)

 

Muster 39.3: Rechtsbeschwerde: Sachrüge (Höhe der Geldbuße)

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

hiermit lege ich namens und mit Vollmacht des Betroffenen Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts _________________________ vom _________________________ ein und beantrage die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Zurückverweisung der Sa...

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