Rz. 106

Im Zusammenhang mit der Aufstellung von Verkehrszeichen oder der Einrichtung von Verkehrseinrichtungen kann es zu Schadensfällen kommen. Man denke dabei z.B. nur an die Schadensfälle im Zusammenhang mit dem sog. feindlichen Grün[195] oder an die von fehlerhafter Beschilderung ausgehenden Gefahrenquellen.[196] Eine widersprüchliche Beschilderung beinhaltet eine Amtspflichtverletzung. Denkbar sind dann Ansprüche aus Amtshaftung (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB), landesrechtlichen Spezialregelungen (z.B. § 39 OBG NW) oder aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten enteignungsgleichem Eingriff.[197]

 

Rz. 107

Sowohl Verkehrsregelungspflicht als auch die Verkehrssicherungspflicht sind zu beachten; beides spielt im Zusammenhang mit Verkehrszeichen eine Rolle. Hier gelten die allgemeinen Grundsätze.[198] Das jeweilige Bundesland ist verkehrssicherungspflichtig für auf seinem Gebiet liegende Bundesstraßen, für die es die Bundesauftragsverwaltung durchführt (Art. 90 GG, § 5 Abs. 1 FStrG).[199]

 

Rz. 108

Die Verkehrsregelungspflicht[200] ist die Pflicht, Verkehrseinrichtungen und Verkehrszeichen so anzubringen, dass der Verkehr auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen gefahrlos, sicher und zügig fließt. Sie beinhaltet insgesamt die Pflicht, den Verkehr möglichst gefahrlos zu lenken und zu leiten, nicht aber die Pflicht zur Aufstellung von Verkehrszeichen.

 

Rz. 109

Die Verkehrssicherungspflicht beinhaltet, die Verkehrsflächen möglichst gefahrlos zu gestalten und zu erhalten, sowie im Rahmen des Zumutbaren alles zu tun, um den Gefahren zu begegnen, die den Verkehrsteilnehmers aus einem nicht ordnungsgemäßen Zustand der Verkehrsflächen entstehen können. Bei baulichen Gestaltungen ist dafür Sorge zu tragen, dass keine Gefahrenquellen im vorstehend beschrieben Sinn entstehen; bei Auftreten solchen Gefahren sind diese abzustellen.[201]

 

Rz. 110

Ein ausgewiesener Behindertenparkplatz muss gerade im Sinne der Benutzung durch Behinderte "verkehrssicher" gestaltet werden. Die Verkehrssicherungspflicht für einen eingerichteten und als solchen gekennzeichneten Behindertenparkplatz ist daher im Lichte der grundgesetzlichen Bestimmung des Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG zu sehen.[202]

 

Rz. 111

Liegen straßenbauliche Mängel vor (z.B. "Schlaglöcher", "Hitzeschäden", "mangelnde Griffigkeit"),[203] so sind diese zu beheben. Können diese – und dies wird nur für einen begrenzten Zeitraum akzeptiert – momentan nicht behoben werden,[204] muss in jedem Fall vor der daraus entstehenden Gefahr mit Verkehrszeichen gewarnt werden.[205] Dazu stehen Gefahrzeichen und entsprechende Zusatzzeichen zur Verfügung (vgl. z.B. Zeichen 101 "Gefahrenstelle", Zeichen 112 "unebene Fahrbahn", Zusatzzeichen 1006/1007 "Hinweise auf Gefahren, vgl. z.B. Zusatzzeichen 1006–32 "Rollsplitt", Zusatzzeichen 1006–30 "Ölspur", Zusatzzeichen 1006–34 "Straßenschäden"). Da das Aufstellen von Gefahrzeichen 114 lediglich vor infolge von Nässe und Schmutz auftretender Schleuder- und Rutschgefahr warnt, ist hierin keine ausreichende Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht wegen Gefahr weicher und rutschiger Hitzeschäden der Oberfläche der Fahrbahn zu sehen.[206] Auch Zusatzzeichen sind Verkehrszeichen (§ 39 Abs. 3 S. 1 StVO). In § 39 Abs. 8 StVO sind zur Gefahrenbekämpfung Sinnbilder "Schnee- oder Eisglätte", "Steinschlag", "Splitt, Schotter", "bewegliche Brücke", "Ufer", "Fußgängerüberweg", "Flugbetrieb" eingeführt, um bei besonderen Gefahrenlagen solche Gefahrzeichen anordnen zu können. Auch die Sinnbilder "Viehbetrieb" und "Reiter" können angeordnet werden."

Gefahrzeichen mahnen zu erhöhter Aufmerksamkeit (§ 40 Abs. 1 StVO) und sie sind Ausfluss der Sicherungspflicht des Trägers der Straßenbaulast gegenüber allen Verkehrsteilnehmern.[207]

 

Rz. 112

Ist der Zustand der Straße für den Verkehrsteilnehmer aber erkennbar "marode", muss er sich selbst auf den schlechten Gesamtzustand der Straße einstellen. Ein erkennbar richtig schlechter Gesamtzustand der Straße warnt bereits für sich selbst.[208] Genügen alte, verrostete, verblasste, "verdreckte", durch Bewuchs überhaupt nicht erkennbare Verkehrszeichen selbst nicht mehr ihrer Aufgabe zu regeln, hinzuweisen oder zu warnen, so können Amtshaftungsansprüche gegen die zuständige Behörde bestehen. Dabei kann die Verletzung der hoheitlich ausgestalteten Straßenverkehrssicherungspflicht grundsätzlich einen Amtshaftungsanspruch auszulösen.[209]

 

Rz. 113

Diese Verkehrsschilder müssen so aufgestellt sein, dass der Verkehrsteilnehmer auch tatsächlich auf vorhandene Gefahrenstellen reagieren kann.[210]

 

Rz. 114

Warnschilder sind allerdings keine Dauerlösung, insbesondere gibt es keine Straßenverkehrssicherungspflicht nach Maßgabe der öffentlichen Haushalte.[211] Solange die "Haushalte auf der Intensivstation liegen" ist die Verkehrssicherungspflicht nicht obsolet. Verkehrssicherungspflichten sind zu erfüllen. Gefordert ist hier ein neues Erhaltungsmanagement für Straßen.[212]

 

Rz. 115

Auch im Rahmen des Winterdienstes stellt sich die Frage der Verkehrssicherungspfli...

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