Rz. 27

Ein weiterer wichtiger Aspekt im Rahmen der Beweisaufnahme ist der Widerspruch gegen die Verwertung von Beweismitteln. Die Verfahrensrüge muss später konkret darstellen, dass und wann der Widerspruch gegen die Verwertung eines Beweismittels i.S.d. § 257 Abs. 2 StPO erfolgt ist.[10] Der Verteidiger muss hier unbedingt darauf achten, dass sein Widerspruch in das Protokoll aufgenommen wird. Wenn sich das Gericht hiergegen sträubt oder eine Aufnahme gar verweigert, muss der Verteidiger sofort darauf reagieren, § 238 Abs. 2 StPO.

 

Rz. 28

Muster 38.14: Widerspruch gegen Verwertbarkeit eines Beweismittels

 

Muster 38.14: Widerspruch gegen Verwertbarkeit eines Beweismittels

Hiermit erhebe ich Widerspruch gegen die Verwertung der Aussagen der Zeugen PHK _________________________ und PK’in _________________________, soweit diese von der Einlassung des Betroffenen zum Tatvorwurf berichteten.

Begründung:

Dem Betroffenen wird im vorliegenden Verfahren vorgeworfen, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen _________________________ mit einer gegen § 24a StVG verstoßenden Atemalkoholkonzentration zur Tatzeit im öffentlichen Straßenverkehr, nämlich im Bereich der _________________________-Straße in _________________________ geführt zu haben.

Der Beschuldigte hat dies gegenüber den benannten Zeugen zwar eingeräumt. Diese Angabe ist wegen eines Verstoßes gegen die aus den §§ 136 Abs. 1, 163a Abs. 4 StPO folgende Belehrungsverpflichtung der Ermittlungspersonen u.a. über das Schweigerecht des Betroffenen unverwertbar. In der Folge wäre auch eine Vernehmung der Ermittlungsbeamten zu dem Inhalt der gemachten Angaben unverwertbar.

Nach § 136 StPO, der über § 163a Abs. 4 StPO auch für Polizeibeamte im Ermittlungsverfahren gilt, damit über § 46 OWiG auch bezüglich Ordnungswidrigkeiten, ist einem Betroffenen bei Beginn der ersten Vernehmung zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und dass es ihm frei stehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht auszusagen. Nach st. Rspr. des BGH (seit BGH, Beschl. v. 27.2.1992 – 5 StR 190/91 = NZV 1992, 242) führt der Verstoß gegen § 136 Abs. 1 ggf. i.V.m. § 163 Abs. 4 StPO zu einem Beweisverwertungsverbot.

Im Einzelfall ist die Frage der "Belehrungsschwelle", also der Situation, in der eine Belehrung spätestens erforderlich wird, nicht immer einfach zu beantworten. Im Zweifel wird einer frühzeitigen Belehrung der Vorzug zu geben sein. Nach einer Entscheidung des AG Bayreuth (AG Bayreuth, Beschl. v. 17.10.2002 – 3 Cs 5 Js 8510/02 = NZV 2003, 202) ist bei der Suche nach einem zuvor unbekannten Fahrer, dem ein Delikt als Führer eines Kfz zur Last fällt, eine Belehrung des Halters nach § 136 Abs. 1 StPO "zwingend, weil aufgrund der Haltereigenschaft die Fahrzeugführereigenschaft nahe liegt und sich daher der Beschuldigtenkreis derart verdichtet, dass der Halter zum Zeitpunkt der Befragung bereits als potentieller Täter in Betracht kommt".

Das OLG Zweibrücken (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.8.2010 – 1 Ss Bs 2/10 = zfs 2010, 589) führt aus, dass nicht jeder unbestimmte Tatverdacht bereits die Beschuldigteneigenschaft begründet. Es komme auf die Stärke des Verdachts an, also darauf, ob die Strafverfolgungsbehörde nach pflichtgemäßer Beurteilung von einer ernstlichen Täter- oder Beteiligteneigenschaft des Befragten ausgehen konnte. Vor einer solchen Verdachtsverdichtung sei eine sog. informelle Befragung zulässig und ihre Ergebnisse verwertbar.

Zu beachten ist vom Grundsatz her, dass eine Belehrungspflicht voraussetzt, dass von einem Anfangsverdacht gegen den Befragten auszugehen ist. Hierbei wird man den Ermittlungspersonen einen gewissen Ermessensspielraum einräumen müssen, wobei dieser vor dem Hintergrund der Bedeutung des Schweigerechts im Strafverfahren nicht im Lichte ermittlungstaktischer Interessen zu sehen ist.

Vorliegend fuhren die Beamten nach einer Meldung durch die bisher nicht vernommene Zeugin _________________________ die per Halterauskunft ermittelte Anschrift des Betroffenen als Halter des Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen _________________________ an. Dieses Kennzeichen war durch die Zeugin _________________________ durchgegeben worden. Die Zeugin _________________________ hatte auch von Verkehrsverstößen berichtet, u.a. einem Rotlichtverstoß auf Höhe der _________________________-Niederlassung in _________________________ sowie dem Fahren von Schlangenlinien. Die Polizeibeamten fanden das Fahrzeug an der Halteranschrift mit dem von der Zeugin durchgegebenen Kennzeichen vor. An der Motorhaube und dem Auspuff war keine Wärme feststellbar, wobei die Außentemperatur -1C betrug. Nach zweimaligem Klopfen an der Anschrift _________________________-Str. _________________________ in _________________________ öffnete der Betroffene und wurde ohne weiteren Hinweis auf den Anlass der Befragung befragt, ob er der Halter des Fahrzeugs sei, was er bejahte. Dann wurde er weiter befragt, ob er gerade mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen sei. Auch diese Frage bejahte der Betroffene. Erst nachdem d...

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