Rz. 103

Beweisanträge haben sowohl in der Hauptverhandlung als auch weit davor ihren Nutzen und ihre Berechtigung. Zum einen kann die Verwaltungsbehörde durch sinnvoll gestellte Beweisanträge zu einer Korrektur des Verfahrens im Sinne des Betroffenen gebracht werden, nicht nur in Gestalt einer Einstellung nach § 47 OWiG, sondern auch zu einer Modifikation der Geldbuße oder der Anordnung des Fahrverbots. Zum anderen wird durch vorgerichtlich gestellte Beweisanträge die spätere Arbeit des Gerichts beeinflusst. Zum Beispiel kann das Gericht das Verfahren, sollte die Verwaltungsbehörde Beweisanträge schlicht übergangen haben, nach § 69 Abs. 5 OWiG zurückverweisen. Alternativ kann das Gericht auch in eigenem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen, § 71 Abs. 2 OWiG. Und schließlich können solche Beweisanträge für das Abwesenheitsverfahren nach §§ 73, 74 OWiG von Bedeutung sein. Denn das Gericht muss konkrete Beweisanträge, wenn es ihnen denn im Termin nicht nachgehen will, jedenfalls dergestalt in das spätere Urteil aufnehmen, dass es sich mit ihnen auseinander setzt und begründet, warum es der Beweiserhebung nicht bedurfte.[97]

 

Rz. 104

Muster 37.32: Zeugenbeweis

 

Muster 37.32: Zeugenbeweis

An die Zentrale Bußgeldbehörde _________________________

Sehr geehrte _________________________,

nach inzwischen gewährter Akteneinsicht beantrage ich namens und in Vollmacht für den Betroffenen, den bisher zum Nachteil meines Mandanten unvollständig aufgeklärten Sachverhalt zur Gänze zu ermitteln.

Ausweislich des Datenerfassungsbogens der den Verkehrsunfall aufnehmenden Zeugen PHK _________________________ und PK _________________________ hat mein Mandant die Verantwortung für den Verkehrsunfall bestritten und für das grob verkehrswidrige Fahrverhalten des Unfallgegners mehrere Zeugen benannt. Diese wurden vor Ort erfasst, eine spätere Vernehmung durch die Polizei ist jedoch offensichtlich unterblieben.

Insofern beantrage ich zum Beweis der Tatsache, dass der Unfallgegner _________________________ kurz vor der Kollision trotz bestehenden Überholverbots regelwidrig zwei Fahrzeuge überholt hat, die Vernehmung des Zeugen _________________________ (weitere Daten) und der Zeugin _________________________ (weitere Daten).

Dieses Fahrverhalten war zudem für den Betroffenen weder vorhersehbar noch vermeidbar. Schon aus rechtlichen Gründen scheidet demnach eine Verantwortlichkeit des Betroffenen für den Verkehrsunfall aus. Für den Nachweis der technischen Unvermeidbarkeit beantrage ich die Einholung eines schriftlichen Unfallrekonstruktionsgutachtens durch einen hierfür öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen.

 

Rz. 105

Muster 37.33: Vernehmung Arbeitgeber

 

Muster 37.33: Vernehmung Arbeitgeber

An die Zentrale Bußgeldbehörde _________________________

Sehr geehrte _________________________,

nach inzwischen gewährter Akteneinsicht beantrage ich namens und in Vollmacht für den Betroffenen, den Arbeitgeber des Betroffenen, _________________________ (weitere Daten), zur Frage der Unverhältnismäßigkeit des im Bußgeldbescheid angeordneten Fahrverbots zu vernehmen. Dem eingereichten Schreiben des Arbeitgebers wurde bislang offenbar keine Bedeutung beigemessen. Die Vernehmung des Arbeitgebers wird jedoch klar ergeben, dass durch die Anordnung des Fahrverbots die Kündigung des Betroffenen aus dem laufenden Arbeitsverhältnis unmittelbar und zwingend folgen würde. Der Betroffene ist, nicht nur privat, sondern auch zur Ausübung seines Berufs auf die Fahrerlaubnis zwingend angewiesen. (Details hierzu)

Der durch den Arbeitsplatzverlust eintretende Wegfall der Lebensgrundlage der Familie des Betroffenen wäre auch nicht durch sozialhilferechtliche Ansprüche abgesichert (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.4.2019 – 2 Rb 8 Ss 229/19 – juris). (Details hierzu)

Höchst vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass das Tatgericht die Rechtmäßigkeit einer arbeitsrechtlichen Kündigung inzident vollständig prüfen muss (KG, Beschl. v. 5.2.2019 – 3 Ws (B) 3/19 – juris).

(optional) Des Weiteren befindet sich der Betroffene noch in der Probezeit und kann seitens des Arbeitgebers ohne weitere Gründe gekündigt werden (vgl. OLG Bamberg Beschl. v. 7.8.2017 – 3 Ss OWi 996/17 = BeckRS 2017, 135913).

(optional) Es gibt auch keine alternativen Einsatzmöglichkeiten im Betrieb für den Betroffenen, etwa in der Verwaltung/im Innendienst.

(optional) Die Größe des Betriebs überschreitet die Grenze von fünf Arbeitnehmern nicht, so dass insbesondere die Vorgaben zur Sozialauswahl nach §§ 23, 1 KSchG nicht eingehalten werden müssen.

(optional) Angestrebtes Ziel des Betroffenen ist deshalb natürlich der Wegfall des Fahrverbots auf der Rechtsfolgenseite. Sollte die Behörde die Unverhältnismäßigkeit der Anordnung des Fahrverbots verneinen, käme auch ein Absehen vom Fahrverbot gegen moderate Erhöhung der Geldbuße nach § 4 Abs. 4 BKatV in Betracht. Hierzu möge ggf. Rücksprache mit dem Unterzeichnenden gehalten werden, um hiernach gerne im Beschlusswege ohne weitere Begründung darüber entscheiden zu ...

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