Rz. 81

Es gibt keine abgeschlossene Zahl von Fällen oder Sachverhalten, in welchen ein Verfahren durch die Behörde oder das Gericht nach § 47 OWiG zu einem Ende gebracht werden kann. Ein wenig mehr Argumente braucht es meist dann, wenn seitens der zunächst ermittelnden und agierenden Behörde ein Verhalten an den Tag gelegt wird, durch welches das Gericht dazu veranlasst wird, das Verfahren einzustellen. Dies kann rein faktische Gründe haben, etwa die fehlende Mitwirkung der Behörde trotz Erforderlichkeit (fehlende Vervollständigung der Akte trotz mehrfacher Aufforderung), die Ungleichbehandlung von Sachverhalten trotz vorgegebener Richtlinien[76] aber auch echte Rechtsverstöße.

 

Rz. 82

Muster 37.24: Einstellung wegen Rechtsverstoßes

 

Muster 37.24: Einstellung wegen Rechtsverstoßes

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

nach inzwischen gewährter Akteneinsicht beantrage ich namens und in Vollmacht für den Betroffenen, das Verfahren nach § 47 OWiG einzustellen. (Nach eventuellen Ausführungen zum Tatvorwurf).

Ausweislich des bisherigen Ermittlungsablaufes hat die Bußgeldbehörde, nachdem offenbar eine Divergenz zwischen dem auf dem Messbild erkennbaren männlichen Fahrer und der weiblichen Halterin des Fahrzeugs erkannt wurde, meinen Mandanten nicht zunächst ordnungsgemäß angehört, nachdem die Personendaten möglicher Verwandter der Halterin bzw. männlicher Bewohner der Adresse der Halterin angefordert worden waren. Stattdessen wurde zugleich bei der Passbehörde ein Lichtbild meines Mandanten angefordert, um hiermit einen Abgleich zum Messbild vorzunehmen. Dieses Vorgehen verstößt gegen die insoweit eindeutigen Regelungen der § 22 Abs. 2 und 3 PassG bzw. § 24 Abs. 2 und 3 PAuswG. Es kann auch, nachdem die Behördenmitarbeiter zu rechtmäßigem Handeln verpflichtet sind, davon ausgegangen werden, dass diese sich an geltendes Recht halten. Der Hinweis auf möglicherweise entgegenstehende ältere Rechtsprechung (BayObLG, Beschl. v. 27.8.2003 – 1 ObOWi 310/03 = NJW 2004, 241; OLG Bamberg, Beschl. v. 2.8.2005 – 2 Ss OWi 147/05 = DAR 2006, 336) verfängt hier nicht. Denn hier wurde willkürlich das Recht des Betroffenen umgangen, um einen bequemeren und zeitsparenderen Weg zum Tatnachweis zu erhalten. Die willkürliche Ausübung von Rechten stellt aber nach geltendem Verfassungsrecht eine absolute und nicht zu überschreitende Grenze staatlichen Handelns dar, die hier zu einer Einstellung des Verfahrens nach § 47 OWiG führen muss (AG Landstuhl, Beschl. v. 26.10.2015 – 2 OWi 4286 Js 7129/15 = DAR 2015, 710).

 

Rz. 83

Muster 37.25: Einstellung wegen Rechtsverstoßes

 

Muster 37.25: Einstellung wegen Rechtsverstoßes

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

nach inzwischen gewährter Akteneinsicht beantrage ich namens und in Vollmacht für den Betroffenen, das Verfahren nach § 47 OWiG einzustellen. (Nach eventuellen Ausführungen zum Tatvorwurf).

Das hier eingesetzte Geschwindigkeitsmessgerät Typ _________________________ gehört nicht der die Verkehrsüberwachung durchführenden Stadt _________________________, sondern es wird der Stadt durch die juristische Privatperson _________________________ "zur Verfügung gestellt". Das Messgerät verfügt über einen Eichschein vom 3.12.2014. Antragsteller der Eichung war die Fa. _________________________. Die Messung wird durch den Zeugen _________________________ durchgeführt, der für das Messgerät entsprechend geschult ist. Der Zeuge _________________________ ist allerdings kein Bediensteter der Stadt _________________________, sondern ist mit "gesondertem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag" seit dem _________________________ durch die Fa. _________________________ der Stadt _________________________ überlassen worden und für 20 Stunden pro Monat für die Stadt _________________________ tätig. Seine Tätigkeit beschränkt sich auf das wöchentliche Abfahren der Messsäulen, Einsammeln der Daten und das "Einspeisen der Daten in das System". Die Bildaufbereitung erfolgt anschließend durch die Fa. _________________________, die die von ihr vorselektierten Daten zur endgültigen Auswertung und Entscheidung über die Verfahrenseinleitung an die Stadt _________________________ übergibt. Die abschließende Entscheidung erfolgt dann durch (festangestellte) kommunale Bedienstete.

Die Fa. _________________________erhält für ihre Tätigkeit und dafür, dass sie der Stadt _________________________ das Messgerät, sowie den Zeugen _________________________ "überlässt", eine erfolgsabhängige Vergütung. Je mehr Bußgeldverfahren aus dem "zur Verfügung gestellten Messgerät" eingeleitet werden, desto höher ist der Ertrag für die Fa. _________________________.

Vorliegend hat der Bürgermeister der Stadt _________________________ als zuständige Ortspolizeibehörde unter bewusster und gewollter Umgehung zwingender gesetzlicher Vorschriften Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet, bei denen die Beweismittel nicht durch den Hoheitsträger, sondern durch einen sog. pr...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge