Rz. 108

Dies betrifft insbesondere Streitpunkte im Bereich der Frage Vorsatz/Fahrlässigkeit. Dabei darf allerdings für die Negierung vorsätzlichen Handelns keine widersprüchliche Einlassung abgegeben werden. Denn wenn z.B. zunächst die Fahrereigenschaft bestritten wurde, dann aber mit konkreten Umständen des Tattages (z.B. tiefstehende Sonne, Verdeckung von Verkehrszeichen durch Lkw auf der rechten Fahrspur) Täterwissen offenbart wird, versetzt der Verteidiger den Betroffenen ggf. ungewollt in eine rechtlich nachteilige Situation. Des Weiteren darf, sofern bereits im Bußgeldbescheid vorsätzliches Handeln angenommen wurde, natürlich keinesfalls eine Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch erfolgen.

 

Rz. 109

Muster 37.35: Stellungnahme zu Vorsatz

 

Muster 37.35: Stellungnahme zu Vorsatz

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

nach inzwischen gewährter Akteneinsicht gebe ich für den Betroffenen folgende Stellungnahme ab:

Der Betroffene räumt die Fahrereigenschaft ein, denn er ist an diesem Tag auf der fraglichen BAB _________________________ mit seinem Fahrzeug unterwegs gewesen. Allerdings ist ihm ein Verkehrsverstoß nicht erinnerlich. Insbesondere hat er, bedingt durch die örtlich sehr belebten Verkehrsverhältnisse mit zahlreichen Lkw und durch seine Ortsunkundigkeit an der fraglichen Stelle, das die Geschwindigkeit auf _________________________ km/h vor der Ausfahrt _________________________-Stadt reduzierende Verkehrszeichen nicht wahrgenommen. Es handelte sich auch nicht um einen Geschwindigkeitstrichter, sondern lediglich um ein Verkehrszeichen anlässlich der Autobahnausfahrt, was sich auch aus dem Messprotokoll ergibt. Entgegen der Vermutung der Rechtsprechung, dass Verkehrsteilnehmer ein ordnungsgemäß aufgestelltes Verkehrszeichen stets wahrnehmen (OLG Koblenz, Beschl. v. 7.5.2014 – 2 SsBs 22/14 = zfs 2014, 530), kann ich hier für den Mandanten bekunden, dass er das Verkehrszeichen gerade nicht wahrgenommen hat, insbesondere da er sich durch Blick auf die Verkehrsleitschilder vergewissern musste, ob er an dieser oder der folgenden Ausfahrt die BAB _________________________ verlassen müsste. Insofern erachte ich den im Bußgeldbescheid stehenden Vorwurf, des vorsätzlichen Verhaltens mit der entsprechenden Regelfolge nach § 3 Abs. 4a BKatV für nicht angemessen. Der Nachweis, das Verkehrszeichen zum einen wahrgenommen, zum anderen bewusst ignoriert zu haben, wird nicht zu führen sein (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 1.3.2019 – 3 Ss OWi 126/19, juris).

[optional] Sollte das Gericht dieser Argumentation folgen, erklärt der Betroffene sein Einverständnis mit einer Entscheidung nach § 72 OWiG, welche die Regelfolge für einen fahrlässigen Verstoß festsetzt.

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