Rz. 89

Wie schon oben bzgl. des Bestellungsschreibens erwähnt, kann der Verteidiger dafür sorgen, dass eine Hauptverhandlung nicht stattfinden muss, sondern über den vorgeworfenen Verstoß des Betroffenen im schriftlichen Weg entschieden wird, § 72 OWiG. Andererseits muss der Verteidiger auch sicherstellen, dass auf diesem Weg keine unliebsame Entscheidung gegen den Betroffenen ergeht, abgesehen von einem immer möglichen Freispruch, § 72 Abs. 1 S. 3 OWiG. Deshalb kann der Verteidiger ab dem ersten Bestellungsschreiben vorsorglich einer Entscheidung im Beschlussweg widersprechen. Diese ist in Folge dessen erst dann möglich, wenn der Betroffene oder der Verteidiger einer solchen Entscheidung ausdrücklich zustimmen. Ein bloßes Schweigen auf eine erneute Anfrage des Gerichts ist nicht relevant.[85]

 

Rz. 90

Der Verteidiger kann aber in diesem Zusammenhang auch gestalterisch tätig werden, indem er dem Gericht zulässige Bedingungen mitteilt, bei deren Vorliegen der Betroffene mit einer Entscheidung im Beschlussweg einverstanden wäre. Dies betrifft z.B. die Höhe des Bußgeldes, das Absehen von der Anordnung eines Fahrverbots bei Erhöhung der Geldbuße[86] oder der Wegfall des Fahrverbots auf den Nachweis der Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Nachschulung hin. Hierbei muss sich der Verteidiger aber ggf. vorab erkundigen, ob und welche Voraussetzungen für ein solches Absehen vom Fahrverbot (regional) bestehen. Denn dem Betroffenen wäre kaum gedient, wenn die Staatsanwaltschaft postwendend Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss einlegen würde und das OLG den Beschluss dann kassieren würde. Zudem muss die Bedingung eindeutig formuliert sein. Bloße Anregungen können im schlimmsten Fall zum Nachteil des Mandanten gereichen.[87]

 

Rz. 91

Muster 37.27: Bedingung für Beschluss (1)

 

Muster 37.27: Bedingung für Beschluss (1)

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

ich verweise zunächst auf mein Bestellungsschreiben vom _________________________ und die als Anlage bereits vorliegende schriftliche Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht. Im Bestellungsschreiben wurde einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren widersprochen. Der Betroffene wäre aber mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden, wenn bezüglich des im Raum stehenden Verstoßes das Verfahren nach § 47 OWiG eingestellt werden würde, hilfsweise eine Geldbuße unterhalb von 60 EUR festgesetzt werden würde.

Es handelt sich vorliegend um den Vorwurf eines Verstoßes gegen § 8 StVO. Allerdings hat der Betroffene bereits bei der Unfallaufnahme durch den Zeugen PK _________________________ angegeben, dass der Unfallgegner seinerseits gegen § 41 StVO durch zu hohe Geschwindigkeit verstoßen hat, immerhin sind vor Ort lediglich 30 km/h als Höchstgeschwindigkeit erlaubt. Schon dies würde ein Mitverschulden des Unfallgegners begründen und die Alleinverantwortung des Betroffenen für den Verkehrsunfall ausschließen, jedenfalls wäre ein Sachverständigengutachten zur Unfallrekonstruktion unumgänglich. Ebenfalls wurde bislang nicht beachtet, dass der Unfallgegner seinerseits die so genannte "halbe Vorfahrt" zu beachten hat, so dass er seinerseits gegen §§ 1, 3, 8 StVO verstoßen haben dürfte, wenn er mit einer Geschwindigkeit auf die Kreuzung zugefahren ist, die ein rechtzeitiges Halten und Vorfahrtgewähren seinerseits nach rechts nicht zugelassen hätten. Auch dies wäre sachverständig zu begutachten. Angesichts der dabei wohl entstehenden Sachverständigenkosten in vierstelliger Höhe erscheint dies im Vergleich zum im Raum stehenden Tatvorwurf außer Verhältnis zu stehen. Aus diesem Grund wäre der Betroffene, wie oben beschrieben, mit einer Entscheidung im Beschlussweg einverstanden. Für diesen Fall würde auch auf eine Begründung verzichtet werden, § 72 Abs. 6 OWiG.

 

Rz. 92

Muster 37.28: Bedingung für Beschluss (2)

 

Muster 37.28: Bedingung für Beschluss (2)

An das Amtsgericht _________________________

Sehr geehrte _________________________,

ich verweise zunächst auf mein Bestellungsschreiben vom _________________________ und die als Anlage bereits vorliegende schriftliche Verteidigungs- und Vertretungsvollmacht. Im Bestellungsschreiben wurde einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren widersprochen. Der Betroffene wäre aber mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden, wenn bezüglich des im Raum stehenden Verstoßes das im Bußgeldbescheid angeordnete einmonatige Fahrverbot, ggf. gegen maßvolle Erhöhung der bisher ausgeworfenen Geldbuße wegfallen würde.

Der Betroffene hat bereits frühzeitig, nämlich bei der Kontrolle durch den Messbeamten, die Verantwortung für den Verstoß übernommen und seine Beweggründe für das fahrlässige zu schnelle Fahren erläutert, was im Vermerk des Zeugen PK _________________________ auch festgehalten wurde. Bereits im Einspruch wurde die Beschränkung auf die Rechtsfolge erklärt, was ebenfalls zeigt, dass der Betroffene sich seines einmaligen verkehrsrechtlichen Fehltritts bewusst ist, was si...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge