1. Nur, wenn berauschend
Rz. 160
Dies gilt auch für Medikamente, allerdings nur, soweit sie in ähnlicher Weise berauschend oder betäubend wie Alkohol wirken können. Das sind namentlich alkoholhaltige Medikamente (Klosterfrau Melissengeist) oder Arzneien, die Rauschgifte i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes oder der Betäubungsmittelgleichstellungsverordnung enthalten.
Vor allem bestimmte Schmerz-, Grippe-, Schlaf- oder Beruhigungsmittel, aber auch Appetitzügler (LG Freiburg NZV 2007, 378) können solche Wirkungen entfalten.
Rz. 161
Achtung: Schmerztherapie
Die Schmerztherapie, bei der die Medizin versucht, mit Medikamenten – teilweise auch Drogen – schwer leidenden Patienten (z.B. Krebsleiden) den Schmerz zu nehmen, gewinnt in Deutschland immer größere Bedeutung. Viele dieser Patienten können mithilfe der verabreichten Mittel ein relativ normales Leben führen und damit auch am Straßenverkehr teilnehmen.
Rz. 162
Arzt und Patient tragen in solchen Fällen eine hohe Verantwortung, denn die Teilnahme am Straßenverkehr in fahruntüchtigem Zustand wird auch dann bestraft, wenn sie auf in therapeutischer Absicht verordnete Mittel zurückgeht.
Gegenteiliges kann auch der BGH-Entscheidung vom 21.3.1978 (4 STR 104/78) nicht entnommen werden, obwohl in den dortigen Gründen die Verurteilung darauf gestützt worden war, dass das schmerzstillende Mittel ohne therapeutische Zielsetzung eingenommen worden war.
2. Berauschende Wirkung muss feststehen
Rz. 163
Eine Verurteilung setzt die Feststellung voraus, dass das eingenommene Mittel in seiner Wirkung der des Alkohols gleichzusetzen ist. Es reicht nicht aus, lediglich eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit festzustellen (OLG Köln NZV 1991, 158). Außerdem muss die Fahrunsicherheit eindeutig auf die Medikamenteneinnahme zurückgeführt werden können (LG Stuttgart NZV 1996, 379). Eine solche Feststellung kann der Richter regelmäßig ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht treffen (OLG Koblenz VRS 59, 199).
3. Schuldfähigkeit
Rz. 164
In jüngerer Zeit tendiert der Bundesgerichtshof immer mehr dazu, bei Medikamenteneinnahme zumindest eine Einschränkung der Schuldfähigkeit nach § 21 StVG anzunehmen. Jedenfalls müssen sich die Urteilsgründe hiermit befassen.[23]
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