Rz. 158

Bei Klagen gegen den Reiseveranstalter sollten folgende Punkte beachtet werden:[180]

1. Ermittlung des Sachverhalts

Reisebeschreibung

Was war die Soll-Beschaffenheit?
Welche Unterlagen liegen vor? Reisebestätigung, Prospekt, Website, Hotelbeschreibung – jeweils zum Zeitpunkt der Buchung

Sonderwünsche

Gab es Sondervereinbarungen?
Gab es subjektive Besonderheiten, die der Veranstalter kannte oder kennen musste?

Mängelanzeige oder Entbehrlichkeit

Gibt es ein Mängelprotokoll?
Wurde der Reisende ordnungsgemäß belehrt?
Gibt es Diskrepanzen zwischen Protokoll und behaupteten Mängeln?
Greift eine Ausnahme?

Darlegung von Mängeln

Konkrete Beschreibung der Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit (Wie unterschied sich das Zimmer? Welche Einrichtungen des Hotels fehlten? Wann wurde auf einer Baustelle gearbeitet?). Je genauer der Mandant seine Erinnerung wiedergibt, desto eher gelingt schlüssiger Vortrag. Der bloße Verweis auf Bilder, Videos o.Ä. ersetzt nicht substanziierten Sachvortrag.
Wie lange dauerten die Mängel an?
Wie stark war die Beeinträchtigung des Urlaubs?
Ist die Soll-Beschaffenheit der Reise anders als nach dem üblichen Gebrauch zu beurteilen (Sondervereinbarungen, Eignung zu einem bestimmten Zweck aus Ausschreibung ersichtlich?)?
Gibt es Zeugen (andere Reisende, Partner)?

Abhilfe

Hat der Veranstalter Abhilfe angeboten?
War die Abhilfe hinreichend oder durfte der Reisende ablehnen?

Ersatzleistung

Gab es anstelle der nicht geschuldeten Abhilfe eine angemessene Ersatzleistung?
Gab es eine angemessene Minderung bei einem Minderwert der Ersatzleistung?

2. Aktivlegitimation

Wer klagt? Abtretung der Ansprüche mitreisender Familienangehöriger oder gemeinsame Klage aller Mitreisenden? An Zeugen denken.

3. Ansprüche des Reisenden

Das Gewährleistungssystem des Reiserechts kennt eine Vielzahl von Ansprüchen. Diese sollten getrennt geprüft und dargestellt werden. Was wird konkret verlangt?

Minderung?
Kosten der Selbstabhilfe?
Mehrkosten nach Kündigung?
Rückzahlung Reisepreis nach Kündigung?

Schadensersatz für materielle Schäden?

Gab es Schäden?
Greift eine Haftungsbegrenzung nach § 651p BGB?
Deliktische Ansprüche wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Schadensersatz für immaterielle Schäden?

Wird Schadensersatz für den gesamten Urlaub verlangt oder tageweise?
Wie stark war die Beeinträchtigung?
Faustregel: 50 % des Tagesreisepreises/Reisepreises als Schadensersatz für immaterielle Schäden sind stets angemessen.

4. Gerichtsstand

Gerichtsstand ist das Gericht am Sitz des Veranstalters. Ein besonderer Gerichtsstand am Wohnort des Reisenden existiert nicht, da dieser nicht der Erfüllungsort ist.
 

Rz. 159

Anmerkungen zur Checkliste:

Es empfiehlt sich immer eine Recherche der Entscheidungen des erkennenden Gerichts. Was im Einzelnen als zumutbar angesehen wird, welche Einschränkungen als hinnehmbar angesehen werden, welche Minderungsansprüche angenommen werden, kann sich unterscheiden. Zudem sollten Urteile zu dem bis 2018 geltenden Reiserecht mit Vorsicht zu Rate gezogen werden, da die Voraussetzungen der einzelnen Gewährleistungsrechte zum Teil anders geregelt sind. Schließlich stehen zu einer Reihe von Fragen noch Entscheidungen des EuGH an.

[180] Vgl. Vogel, ZAP 2017, 511.

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