Rz. 6

Der Anwendungsbereich des den Reisenden schützenden Pauschalreiserechts ist nur eröffnet, wenn eine Pauschalreise vorliegt. Der Pauschalreisevertrag wird zwischen Unternehmer und Reisendem geschlossen. Der Unternehmer ist verpflichtet, die Pauschalreise zu verschaffen; der Reisende ist verpflichtet, den Reisepreis zu zahlen. § 651a Abs. 2 BGB definiert den Begriff der Pauschalreise als "Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise". Es bedarf also der Bündelung zumindest zweier Reiseleistungen, damit eine Pauschalreise vorliegt.

 

Rz. 7

Neben diesem typischen Grundfall regelt das Gesetz noch einige Sonderfälle, die auch als Pauschalreise eingeordnet werden. Pauschalreisen sind insbesondere Reisen, die im Wege des "Dynamic Packaging" zusammengestellt werden. Hierbei werden die konkreten Reiseleistungen erst im Zuge der Buchung durch den Kunden ausgewählt, indem dieser durch Internet-basierte Buchungsmöglichkeiten ad hoc auf verfügbare Flüge, Hotels und andere Reiseleistungen zugreifen kann. Auch sog. Glücksboxen oder Reisegeschenkboxen sind Pauschalreisen.

a) Reiseleistung

 

Rz. 8

Der Begriff der Reiseleistung ist legaldefiniert. Hierbei handelt es sich um:

Leistungen der Beförderung (§ 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB);
Leistungen der Beherbergung (§ 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB);
Leistungen der Vermietung von Kraftfahrzeugen oder Motorrädern für einen gewissen Zeitraum (§ 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB);
Leistungen touristischer Art, die nicht Reiseleistungen i.S.d. § 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis 3 BGB sind (§ 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BGB).

Die typische Kombination der Urlaubsreise aus Flug und Hotel, Hotel und Mietwagen, Flug und Mietwagen oder aus mehreren solcher Bestandteile ist also immer eine Pauschalreise. Eine Pauschalreise liegt nicht vor, wenn dieselben Arten von Reiseleistungen kombiniert werden.

b) Nebenleistung

 

Rz. 9

Schwierigkeiten kann die Abgrenzung von Reiseleistungen und bloßen Nebenleistungen bereiten; denn während die Kombination von zwei Reiseleistungen zu einer Pauschalreise führt, ist eine Reiseleistung, die eine Nebenleistung enthält, eben keine Pauschalreise. Nebenleistungen sind solche Leistungen, die wesensmäßig Bestandteil einer anderen Leistung sind, § 651a Abs. 3 S. 2 BGB. Beispiel hierfür ist die Buchung einer Kabine während einer Fährüberfahrt. Eine solche Kabine ist reiner Annex, die Fährverbindung ist also keine Pauschalreise. Handelt es sich dagegen um eine echte Kreuzfahrt, selbst etwa für ein Wochenende an Bord eines Fährschiffs, hat die Kabine eine eigene Bedeutung, sodass bei einer solchen Kreuzfahrt zwei Reiseleistungen – Beförderung und Unterbringung – kombiniert werden.[5]

 

Rz. 10

Allerdings muss bei Unsicherheiten immer eine Analyse des konkreten Einzelfalls erfolgen. Die wesentliche Frage ist: Kann eine Leistung alleine für sich einen Marktwert haben und als eigene Reiseleistung Bestandteil einer Pauschalreise sein? Wird z.B. nur der Eintritt in ein Schwimmbad gewährt, wird es sich voraussichtlich nur um eine Nebenleistung handeln.[6] Wird aber neben dem Eintritt auch ein Paket umfassender Behandlungen zur Verfügung gestellt oder ein Personal-Trainer stundenweise dem Gast an die Seite gestellt, handelt es sich um eine eigene Leistung. Entscheidend sind also der Charakter der Reise und die Auffassung der betroffenen Verkehrskreise.[7]

[5] BT-Drucks 18/10822, S. 66.
[6] Richtlinie 2015/2302, Erwägungsgrund 17.
[7] Palandt/Sprau, § 651a Rn 21.

c) Arten von Reiseleistungen

 

Rz. 11

Die Reiseleistung der Beförderung von Personen (§ 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB) betrifft die Beförderung mit allen denkbaren Beförderungsmitteln. Ein bloßer Transfer oder eine Sightseeingtour ist demgegenüber noch keine eigenständige Beförderungsleistung. Auch hier bedarf es wieder der Prüfung des Einzelfalls, ob die Beförderung (etwa eine Bergbahnfahrt) ausreicht, um eine eigenständige Reiseleistung darzustellen.

 

Rz. 12

Die Reiseleistung der Beherbergung (§ 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB) umfasst die Unterbringung von Menschen, soweit sie nicht zu dauerhaften Wohnzwecken erfolgt.

 

Rz. 13

Die Vermietung vierrädriger Kraftfahrzeuge und von Krafträdern (§ 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB) beinhaltet die Vermietung von Fahrzeugen, die eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h aufweisen. Elektrofahrräder oder Elektroroller gehören also nicht hierzu. Auch die Vermietung von Wohnmobilen ist eine solche Vermietung.

 

Rz. 14

Auch eine touristische Leistung nach § 651a Abs. 3 S. 1 Nr. 4 BGB kann in Kombination mit einer anderen Reiseleistung zu einer Pauschalreise führen. Der Begriff der touristischen Leistung ist im Gesetz nicht definiert. Es handelt sich um eine eigene Art der Reiseleistung.[8] Die Pauschalreiserichtlinie nennt als Beispiele für touristische Leistungen

Eintrittskarten für Konzerte, Sportveranstaltungen, Ausflug- oder Themenparks,
Führungen,
Skipässe,
die Vermietung von Sportausrüstung und/oder
Wellnessbehandlungen.[9]

Auch hier gilt: Eine touristische Leistung, die wesensmäßig Bestandteil ein...

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