A. Allgemeines

 

Rz. 1

In einer Anzahl von gemeldeten Schadenfällen wird der Rechtsschutzversicherer seine Eintrittspflicht verneinen. In den Fällen des § 3a Abs. 1a und b ARB 2010 ist dann das von den Bedingungen vorgesehene Schiedsverfahren durchzuführen.

 

Rz. 2

Für die Ablehnung des Versicherungsschutzes gibt es aber sehr verschiedene Gründe. Erfahrungsgemäß betreffen die meisten Ablehnungen den zeitlichen Faktor. Versicherungsschutz besteht ausschließlich für die Schadenfälle, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrages eingetreten sind. Viele gemeldete Fälle sind jedoch vorvertraglich oder fallen in die Wartezeit oder sind erst nach Beendigung des Versicherungsschutzes eingetreten. In diesen Fällen muss der Versicherungsschutz versagt werden. Vielfach sind erfahrungsgemäß auch Risiken, in die der Schaden fällt, nicht versichert. Ein, wenn auch bei weitem geringerer, Teil der gemeldeten Schäden wird wegen eines Risikoausschlusses nach § 3 ARB 2010 abgelehnt.

 

Rz. 3

Die Möglichkeiten, die sich für den Versicherungsnehmer nach einer Deckungsverweigerung ergeben, richten sich nach dem Grund der Ablehnung. Erfolgt die Ablehnung wegen mangelnder Erfolgsaussichten, so hat der Versicherungsnehmer zunächst die Möglichkeit, das Schiedsgutachterverfahren durchzuführen. Ansonsten ergibt sich direkt der Weg der Deckungsklage.[1]

[1] Vgl. auch Füchtler, Deckungsklage statt Stichentscheid?, VersR 1991, 156 ff. – Die Problematik des Verhältnisses zwischen Deckungsklage und Stichentscheid betrifft auch das Schiedsverfahren.

B. Das Instrument des Stichentscheides

 

Rz. 4

Der Stichentscheid ist ein Instrument des Versicherungsnehmers, gegen die Versagung des Versicherungsschutzes durch den Rechtsschutzversicherer vorzugehen, wenn dieser die Versicherungsdeckung ablehnt wegen fehlender Erfolgsaussicht oder wegen angeblicher Mutwilligkeit. Der Stichentscheid gibt dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit, bei Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder nicht mutwillig ist, auf Kosten des Rechtsschutzversicherers seinen für ihn schon tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalt zu veranlassen, eine begründete Stellungnahme zu der in Rede stehenden Streitfrage abzugeben. Hierbei ist zu beachten, dass die Prüfung der Erfolgsaussicht entfällt in den Tatsacheninstanzen, wenn dem Versicherungsnehmer eine Verletzung einer Vorschrift des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts vorgeworfen wird.

 

Rz. 5

Beim Stichentscheid fungiert der Anwalt als Schiedsgutachter. Seine Aufgabe ist es, durch eine begründete, objektive Stellungnahme die Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Erfolgsaussicht oder der Mutwilligkeit zu klären. Der Stichentscheid des Anwaltes muss

den Streitstoff darstellen,
auf die Beweissituation eingehen,
sich mit Gegenargumenten auseinandersetzen und
erkennen lassen, in welchen Punkten der Anwalt die Auffassung des Versicherers für unrichtig hält.[2]
 

Rz. 6

Der Stichentscheid muss nicht als solcher bezeichnet sein. Es genügt, wenn sich das Schreiben des Rechtsanwaltes mit den Gründen auseinandersetzt, die die hinreichende Erfolgsaussicht verneinen.[3] Der Stichentscheid des Anwaltes muss den Streitstoff darstellen, auf die Beweissituation eingehen, sich mit Gegenargumenten auseinandersetzen und erkennen lassen, in welchen Punkten der Anwalt die Auffassung des Versicherers für unrichtig hält.[4]

[2] OLG Köln r+s 2001, 290 f.; vgl. auch Römer, r+s 2000, 177, 182.
[4] OLG Köln r+s 2001, 290.

C. Die Regelung in ARB

I. Alternative Regelungsmöglichkeit: Stichentscheid oder Schiedsgutachterverfahren

 

Rz. 7

Nach den ARB ist es den Rechtsschutzversicherern nunmehr ausdrücklich freigestellt, ob sie einen Stichentscheid oder ein Schiedsgutachten in den dafür vorgesehenen Fällen anwenden wollen. Die ARB gemäß Verbandsempfehlung regeln beide Verfahren. Dies bedeutet also,

dass in den Fällen, in denen die Rechtsschutzversicherung die Rechtsschutzdeckung ablehnt wegen Verneinung der Erfolgsaussicht oder wegen Mutwilligkeit, die Meinungsverschiedenheit zum einen entschieden werden kann durch Stichentscheid, indem der Anwalt als Schiedsgutachter über die Erfolgsaussicht oder Mutwilligkeit entscheidet (vgl. oben Rn 4 ff.);
beim Schiedsgutachterverfahren erstattet dagegen in einem näher geregelten Verfahren ein fremder benannter Anwalt ein Gutachten darüber, ob Rechtsschutzdeckung zu gewähren ist oder nicht (vgl. hierzu § 36 Rn 1 ff.).
 

Rz. 8

Die Anwendung des Schiedsgutacher-Verfahrens sowie des Stichentscheid-Verfahrens sind in § 3a ARB 2010 geregelt. In § 3a betreffend Schiedsgutachter-Verfahren ist bestimmt, dass der Versicherer den Rechtsschutz unter den im Einzelnen aufgeführten Bedingungen ablehnen kann. Gleiches gilt für die Anwendung des Stichentscheid-Verfahrens.

 

Rz. 9

In § 3a Abs. 2 ARB 2010 ist für den Fall der Anwendung des Stichentscheides bestimmt, dass der Versicherungsnehmer, wenn der Versicherer seine Leistungspflicht verneint und der Versicherungsnehmer der Auffassung des Versicherers nicht zustimmt, den für ihn tätigen oder noch zu beauftragenden Rechtsanwalt ...

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