Rz. 26

Anknüpfungsgegenstand (siehe Rdn 9) des Erbstatutes gem. Art. 21 EuErbVO ist die Rechtsnachfolge von Todes wegen. Darunter sind alle Rechtsfragen zu verstehen, die sich daraus ergeben, dass mit dem Tod eines Menschen sein Vermögen auf andere übergeht.[51] Art. 23 EuErbVO formuliert eine Konkretisierung des Umfanges des Erbstatus.

Das Erbstatut umfasst gem. Art. 23 EuErbVO

die Gründe für den Eintritt des Erbfalls, dessen Zeitpunkt und Ort
die Erbfähigkeit
die Enterbung und Erbunwürdigkeit[52]
den Übergang der Nachlassgüter, Rechte und Pflichten
die Annahme und Ausschlagung der Erbschaft
die Annahme und Ausschlagung eines Vermächtnisses
die Berufung eines Berechtigten[53]
die Bestimmung der Erbquoten
die Anordnung von Anordnungen und Auflagen
die Rechte der Erben, Testamentsvollstrecker und anderer Nachlassverwalter
die Nachlassansprüche überlebender Ehegatten oder Lebenspartner[54]
die Beschränkung der Testierfähigkeit, insbesondere durch Noterbenrechte und Pflichtteilsrechte[55]
die Bestimmung der frei verfügbaren Quote des Nachlasses (disponible/nicht disponible Quote des Nachlasses[56]
Schenkungen von Todes wegen nach § 2301 BGB[57] und Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall.[58]
 

Rz. 27

Daneben umfasst das Erbstatut auch die Entstehung und Struktur der Erbengemeinschaft. Da die EuErbVO nunmehr durch einen einheitlichen Anknüpfungspunkt Spaltnachlässe vermeiden möchte, hat die Neuregelung auch Auswirkung auf die Erbengemeinschaft, da diese zukünftig allesamt nach dem Recht des Staates begründet werden, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.[59]

Demgegenüber ist zu beachten, dass durch den Tod eines verheirateten Erblassers die güterrechtliche Gemeinschaft mit seinem Ehepartner aufgehoben wird. Daher muss nach Beendigung des Güterstandes durch den Tod vor der erbrechtlichen Auseinandersetzung eine Liquidation des ehelichen Vermögens erfolgen. Nur der dem Erblasser nach der güterrechtlichen Auseinandersetzung zuzurechnende Teil seines Vermögens fällt in die Erbmasse.[60]

 

Rz. 28

Das Erbstatut ist vom Gesellschaftsstatut abzugrenzen. Das Gesellschaftsstatut ist gem. Art. 1 Abs. 2 lit. h EuErbVO von der Anwendung der EuErbVO ausgenommen. Die Einführung der EuErbVO hat aus deutscher Sicht zu keiner veränderten Abgrenzung zwischen Erbstatut und Gesellschaftsstatut geführt.[61] Das Gesellschaftsstatut bestimmt die Innen- und Außenbeziehungen einer juristischen Person. Daher entscheidet es darüber, ob eine Gesellschaft nach dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst oder fortgeführt und ob ein Gesellschaftsanteil (überhaupt) vererbt werden kann. Das Gesellschaftsstatut bestimmt, welche gesellschaftsrechtlichen Positionen in den Nachlass fallen, wohingegen das Erbstatut entscheidet, wer zu welchem Anteil Erbe wird (Ausnahme deutsche Personengesellschaft).[62] Praktisch sind zwei Konstellationen denkbar:

 

Wichtig

1. Ausländisches Erbrecht trifft auf deutsches Gesellschaftsrecht (Gesellschaftsstatut)

Das ausländische Erbstatut ist sicher insoweit anzuwenden, als es darüber befindet, wer den verstorbenen Gesellschafter beerbt hat. Ob aber deren Stellung auch gesellschaftsrechtlicher Art ist oder nicht und wie sie im Einzelnen ausgestaltet ist, entscheidet allein das Gesellschaftsstatut, also hier das deutsche Recht.[63]

2. Deutsches Erbrecht trifft auf ausländisches Gesellschaftsrecht (Gesellschaftsstatut)

Beim Tod eines deutschen Gesellschafters einer Gesellschaft mit Sitz im Ausland bestimmt das ausländische Gesellschaftsstatut, inwieweit das deutsche Erbstatut berücksichtigt wird. Das Gesellschaftsstatut ordnet an, was in den Nachlass fällt (Gesellschafterstellung/Anteile, Abfindungs- oder Ausgleichsanspruch), der nach deutschem Erbrecht verteilt werden soll. Daneben bleibt bei der Beantwortung der Vorfragen und, falls das Gesellschaftsstatut im Rahmen der Nachfolgeregelung schweigt, das Erbstatut als subsidiäres Statut bestehen.[64]

 

Rz. 29

Das Erbstatut umfasst auch dinglich wirkende Zuordnungsvorgänge wie das Vindikationslegat oder eine dinglich wirkende Teilungsanordnung.[65] Ob auch der Zuordnungsvorgang, also der Übergang von Rechten und Pflichten, dem Erbstatut unterstellt sein soll, ist strittig.[66] Bereichsausnahmen müssen jedoch grundsätzlich eng ausgelegt werden. Gleichwohl verneint die h.M. die dingliche Wirkung solcher Vermächtnisse und Teilungsanordnungen, soweit sie sich auf in Deutschland befindlichen Nachlass beziehen. Ihnen soll grundsätzlich keine dinglichen Wirkungen zukommen; sie können und müssen gegebenenfalls in schuldrechtliche Ansprüche auf Einräumung des entsprechenden dinglichen Rechts umgedeutet werden.[67]

 

Rz. 30

Ein weiteres Problemfeld des Erbstatuts besteht im Verhältnis zum Adoptionsstatut. Im deutschen Recht stehen Adoptivkinder den leiblichen Kindern gleich. Gleichzeitig verlieren diese Adoptivkinder aber auch die familienrechtliche Beziehung zu ihrer leiblichen Familie, solange diese minderjährig sind. Gem. § 1770 Abs. 2 BGB...

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