Rz. 53

Die Vorlage eines die Verhinderung begründenden ärztlichen Attestes stellt eine ausreichende Entschuldigung dar, selbst wenn die Art der Erkrankung nicht oder nur Arbeits- und/oder Reiseunfähigkeit angegeben ist (OLG Hamm NZV 2009, 247; KG NZV 2018, 434; OLG Bamberg DAR 2019, 100).

Die Vorlage eines amtsärztlichen Attestes kann jedenfalls nicht verlangt werden (OLG Jena NZV 1997, 494).

 

Rz. 54

In Fällen einer Erkrankung ist der Betroffene nicht erst dann entschuldigt, wenn er verhandlungsunfähig ist, sondern bereits, wenn ihm infolge der Erkrankung das Erscheinen vor Gericht nicht zugemutet werden kann (KG NZV 2002, 421; NZV 2018, 434). Zwar reicht ein Arbeitsunfähigkeitsattest nicht aus, um die Reise- und Verhandlungsunfähigkeit zu beweisen, es ist aber ein starkes Indiz hierfür, so dass es schon erheblicher Gegengründe bedarf, um eine genügende Entschuldigung verneinen zu können (OLG Stuttgart DAR 2004, 165).

 

Rz. 55

Hat das Gericht an der krankheitsbedingten Verhinderung des Betroffenen Zweifel, darf es ihn nicht – ohne selbst weitere Ermittlungen angestellt zu haben – als unentschuldigt ansehen, zumal der Betroffene nicht verpflichtet ist, vor der Hauptverhandlung die Richtigkeit seines Vortrages glaubhaft zu machen und durch Vorlage von Unterlagen zu belegen (BayObLG NJW 1998, 172; Schleswig-Holsteinisches OLG zfs 2005, 53; OLG Zweibrücken zfs 2006, 233; LG Heilbronn zfs 2006, 707) und es nicht darauf ankommt, ob er sich entschuldigt hat, sondern alleine darauf, ob er entschuldigt ist (OLG Dresden zfs 2008, 706; OLG Nürnberg NZV 2009, 357; OLG Bamberg zfs 2012, 230).

 

Rz. 56

Mit einem ärztlichen Gutachten und den sich daraus ergebenden evtl. Entschuldigungsgründen muss sich das Gericht auf jeden Fall auseinandersetzen (OLG Hamm DAR 2000, 84; NZV 2009, 247), andernfalls ist das rechtliche Gehör verletzt (OLG Frankfurt zfs 2004, 41). Bei der Vorlage eines ärztlichen Attestes muss der Verteidiger bedenken, dass in der Vorlage eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht gesehen wird (Schleswig-Holsteinisches OLG zfs 2006, 53; OLG Hamm NZV 2009, 247).

 

Rz. 57

 

Tipp: Erklärung des Verteidigers

Entschuldigt der Verteidiger den Betroffenen mit Krankheit, darf der Einspruch des Betroffenen auch dann nicht ohne weitere Ermittlungen des Gerichts verworfen werden, wenn der Verteidiger keine Erklärungsvollmacht hat und auch kein Attest vorlegen kann (OLG Hamm DAR 1997, 361). Dann soll allerdings ein pauschaler Hinweis auf die Erkrankung nicht genügen, sondern es muss deren Art mitgeteilt werden (OLG Bamberg NZV 2009, 303; KG DAR 2011, 146).

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