Rz. 3

Aus § 69 Abs. 1 StGB ergibt sich, dass eine sog. Anlasstat Voraussetzung für die Entziehung sein muss. Bei dieser Anlasstat muss ein Tatbezug zum Straßenverkehr bestehen. Die Tat muss nämlich beim Führen eines Kraftfahrzeugs, im Zusammenhang mit dem Führen eines solchen oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen worden sein. In der strafrechtlichen Anlasstat muss sich die fehlende Eignung symptomatisch ausgedrückt haben und der Täter wegen ihr verurteilt worden sein.[3] Der Tatrichter darf nicht solche Umstände bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen, die unabhängig von der Straftat zu sehen sind (Eignungsmängel) oder erst durch das Tatgeschehen erworben wurden (Verletzungen).[4]

Will das Tatgericht die Fahrerlaubnis entziehen wegen einer Straftat nach § 69 Abs. 1 StGB, also einer solchen Straftat, die nicht im Katalog des Abs. 2 enthalten ist, muss es im Rahmen des Abs. 1 begründen, warum es den Täter für ungeeignet hält, Kraftfahrzeuge zu führen. Dabei muss das Gericht die Tatumstände und die Täterpersönlichkeit jeweils insgesamt würdigen. Das gilt auch mit Blick auf die Dauer einer Sperrfrist gem. § 69a StGB.[5] Diese umfangreiche Würdigung ist sogar bei typischen Verkehrsdelikten vorzunehmen, auch wenn dort die Ungeeignetheit nahe liegen mag.[6]

 

Rz. 4

Muster 30.1: Nachträgliche Eignungsmängel

 

Muster 30.1: Nachträgliche Eignungsmängel

Die Fahrerlaubnis ist meinem Mandanten nicht zu entziehen, denn die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 StGB liegt nicht vor. Entgegen den Ausführungen in der Anklage sind die körperlichen Beeinträchtigungen erst durch den Verkehrsunfall aufgetreten, sie waren nicht im Vorfeld bekannt.

Zum Beweis dieser Tatsache kündige ich bereits jetzt an zu beantragen,

die zeugenschaftliche Vernehmung des meinen Mandanten ständig behandelnden Arztes Dr. _________________________ sowie

die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.

Der behandelnde Arzt, den mein Mandant von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbinden wird, kann bestätigen, dass mein Mandant vor dem Verkehrsunfall ein vollkommen normales Sehvermögen hatte. Das einzuholende Sachverständigengutachten wird aufzeigen, dass es sich bei der teilweisen Erblindung um eine unmittelbare Unfallfolge handelt.

Damit wird feststehen, dass die Eignungsmängel erst nachträglich vorlagen. Der Tatrichter darf nicht solche Umstände bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen, die unabhängig von der Straftat zu sehen sind (Eignungsmängel) oder erst durch das Tatgeschehen erworben wurden (Verletzungen) (Fischer, § 69 Rn 13).

[3] Fischer, § 69 Rn 13.
[4] BGHSt 15, 939; OLG Frankfurt NStZ-RR 96, 235.
[5] BGH NZV 2018, 193 m. Anm. Weder; BGH NStZ-RR 2019, 209; OLG Karlsruhe zfs 2017, 232.
[6] BGH zfs 2005, 464.

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