Rz. 9

Hier kommen freilich Verkehrsverstöße in Betracht, gleichfalls solche Taten, bei denen das Kfz zur Durchführung der Tat förderlich war. Letzteres setzt dann aber voraus, dass die Anlasstat tragfähige Rückschlüsse darauf zulässt, dass der Täter bereit ist, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Interessen unterzuordnen.[9]

 

Rz. 10

Die Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB können bei "Zusammenhangstaten" danach beispielsweise erfüllt sein, wenn sich der Täter bei einer vergleichbaren früheren Straftat, etwa auf der Flucht, verkehrsgefährdend verhalten hat. Bei Banküberfällen kann die Anordnung nach §§ 69, 69a StGB in Betracht kommen, wenn aufgrund objektiver Umstände bei der Tat mit alsbaldiger Verfolgung und Flucht zu rechnen war und der Täter daher eine verkehrsgefährdende Verwendung des fluchtbereit tatortnah abgestellten Kraftfahrzeugs ersichtlich geplant hat oder mit einer solchen naheliegend rechnen musste. Ebenso dürfte jedenfalls in den Fällen gewaltsamer Entführung des Opfers im Kraftfahrzeug des Täters die Verkehrssicherheit regelmäßig gefährdet sein.[10]

 

Rz. 11

Ein Täter, der durch die Begehung schwerwiegender oder wiederholter Straftaten zweifellos charakterliche Mängel offenbart, stellt nicht per se zugleich eine Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. So liegt dies etwa bei der bloßen Nutzung eines Kraftfahrzeugs zur Suche nach Tatobjekten oder Tatopfern nicht nahe. Auch bei den Kurierfällen, in denen der Täter im Fahrzeug Rauschgift transportiert, sind Belange der Verkehrssicherheit nicht ohne weiteres berührt.[11]

 

Rz. 12

Muster 30.3: Kein Zusammenhang

 

Muster 30.3: Kein Zusammenhang

In der Strafsache

gegen _________________________

wegen _________________________

lege ich gegen die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis Beschwerde ein.

Begründung:

Meinem Mandanten wird Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechzehn Fällen vorgeworfen. Teilweise soll er bei der Tatumsetzung ein Kraftfahrzeug genutzt haben, weshalb ihm auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch das Amtsgericht – Ermittlungsrichter – die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen wurde, § 111a StPO. Der Ermittlungsrichter meint, mein Mandant habe sich ungeeignet zum Führen eines Kfz erwiesen, da er ein Kfz zur Umsetzung seiner Tat genutzt habe.

Diese Begründung ist rechtlich falsch und unzureichend.

Ungeachtet der Frage der Tatbegehung, zu der mein Mandant weiter schweigt, setzt der (vorläufige) Entzug der Fahrerlaubnis eine "Zusammenhangstat" voraus. Ungeeignetheit im Sinne des § 69 Abs. 1 StGB liegt vor, wenn eine Würdigung der körperlichen, geistigen oder charakterlichen Voraussetzungen und der sie wesentlich bestimmenden objektiven und subjektiven Umstände ergibt, dass die Teilnahme des Tatbeteiligten am Kraftfahrzeugverkehr zu einer nicht hinnehmbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen würde. Dabei muss sich die Ungeeignetheit gerade aus der verfahrensgegenständlichen Tat bzw. den Taten ergeben (BGH DAR 2003, 128; BGH zfs 2015, 229).

Kommt – wie hier – ausschließlich eine charakterliche Ungeeignetheit in Betracht, muss die Anlasstat selbst tragfähige Rückschlüsse auf die Bereitschaft des Täters zulassen, die Sicherheit des Straßenverkehrs seinen eigenen kriminellen Zielen unterzuordnen (BGH zfs 2005, 486). Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass Rauschgifttransporteure bei Verkehrskontrollen zu besonders riskanter Fahrweise entschlossen sind, besteht nicht (BGH DAR 2003, 128). Es genügt nicht, dass das Kfz nur bei Gelegenheit genutzt wurde (BGH zfs 2003, 94). Auch reicht es nicht aus, wenn das Fahrzeug, so der Vorwurf denn überhaupt zutrifft, dem Täter lediglich als Beförderungsmittel dient.

Die Fahrerlaubnis durfte daher nicht (vorläufig) entzogen werden, zumal der Beschluss sich in keiner Weise mit der Frage des "Zusammenhangs" oder der "charakterlichen Ungeeignetheit" auseinandersetzt.

[9] BGH zfs 2005, 486.
[10] BGH, a.a.O.
[11] BGH DAR 2003, 128; BGH zfs 2015, 229.

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