Rz. 40

Bis zum Beginn der Urteilsverkündung (KG NZV 2011, 314) ist im Bußgeldverfahren (§ 75 OWiG) – im Gegensatz zum Strafverfahren (§ 303 StPO) – die Einspruchsrücknahme ohne Zustimmung eines an der Hauptverhandlung nicht teilnehmenden Vertreters der Bußgeldbehörde oder der Staatsanwaltschaft jederzeit zulässig (OLG Hamm zfs 2015, 170).

Ist allerdings nach einer erfolgreichen Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen worden, kann der Einspruch ebenso wenig zurückgenommen werden (BayObLG NZV 1997, 89) wie nach der Überleitung in das Strafverfahren (vgl. nachfolgend Rdn 44 ff.).

 

Rz. 41

Im Vorverfahren bedarf die Einspruchsrücknahme keiner Zustimmung. Im gerichtlichen Verfahren muss die Staatsanwaltschaft nur zustimmen, wenn sie an der Hauptverhandlung teilnimmt (§ 75 Abs. 2 OWiG; OLG Hamm zfs 2015, 170).

 

Rz. 42

Eine außerhalb der Hauptverhandlung erklärte Rücknahme ist dagegen dann wiederum nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft (oder Bußgeldbehörde – soweit sie an der Hauptverhandlung teilnimmt) möglich, wenn die Hauptverhandlung lediglich ausgesetzt war, denn § 75 Abs. 2 OWiG ist eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift (KG NZV 2011, 314; siehe auch die vergleichbare Regelung für das Strafverfahren in § 303 StPO sowie BGHSt 23, 277).

Zumeist wird dies von den Bußgeldrichtern jedoch übersehen, so dass auch eine nach einer lediglich ausgesetzten Hauptverhandlung erklärte Rücknahme als wirksam behandelt wird.

 

Rz. 43

Der Verteidiger darf den Einspruch nur mit ausdrücklicher Ermächtigung des Betroffenen zurücknehmen. Die Ermächtigung hierzu ist in den üblichen Vollmachtsformularen enthalten, wobei die Vollmacht den Verteidiger zur Rücknahme des Einspruchs auch dann berechtigt, wenn dieser im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung noch gar nicht eingelegt war (BVerfG NJW 1993, 456). Allerdings muss der Verteidiger vom Mandanten hierzu auch ermächtigt gewesen sein (Thüringer OLG zfs 2007, 412).

Wirksam wird die Einspruchsrücknahme erst mit Eingang bei der zuständigen Stelle (LG Berlin NZV 2010, 421).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge