Rz. 9

Als Konsequenz aus der seitens der Rechtsschutzbranche in immer stärkerem Maße angestrebten Kooperation mit einem bestimmten Anwalt oder bestimmten Anwaltskanzleien folgt, dass die Rechtsschutzversicherungen in der Praxis häufig bestimmte Anwaltskanzleien empfehlen. Dies ist unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu beanstanden.

In der Praxis ist es inzwischen so, dass fast alle Rechtsschutzversicherer ein Netz von kooperierenden Anwälten aufgebaut haben und diese vorrangig empfehlen. Hierbei wird selbstverständlich der Versicherungsnehmer immer darauf hingewiesen, dass er das Recht der freien Anwaltswahl hat.

 

Rz. 10

Die unverbindliche Empfehlung einer bestimmten Rechtsanwaltskanzlei durch den Rechtsschutzversicherer im Rahmen einer Deckungszusage gegenüber dem Versicherungsnehmer ist weder standesrechtlich noch wettbewerbsrechtlich zu beanstanden, wenn die empfohlene Rechtsanwaltskanzlei im einschlägigen Rechtsgebiet über Erfahrungen verfügt und/oder vom Rechtsschutzversicherer in der jeweiligen Rechtsfrage für kompetent erachtet wird. Dies gilt auch, wenn zwischen dem Rechtsschutzversicherer und der empfohlenen Rechtsanwaltskanzlei eine (zulässige) Gebührenvereinbarung für Ordnungswidrigkeiten und Strafverfahren besteht.[1]

 

Rz. 11

In dem vom LG Bremen[2] entschiedenen Fall hatte eine Rechtsschutzversicherung an einen Versicherungsnehmer mitgeteilt:

Zitat

"Unverbindlich empfehlen wir Ihnen, mit der Wahrnehmung Ihrer rechtlichen Interessen die Rechtsanwaltskanzlei Y… zu beauftragen."

Der Versicherungsnehmer wandte sich jedoch an einen anderen Anwalt, der dann von der vorstehend zitierten Empfehlung erfuhr. Dieser forderte daraufhin die Rechtsschutzversicherung auf, eine vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies wurde jedoch durch die Rechtsschutzversicherung abgelehnt. Diese holte in der Folgezeit ihrerseits eine Stellungnahme des Vorstandes der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer zur Beurteilung der streitigen Empfehlung ein. Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer teilte mit, dass er in dem ihm unterbreiteten Sachverhalt kein berufswidriges oder wettbewerbswidriges Verhalten seitens der Rechtsschutzversicherung sehe. Daraufhin begehrte der Anwalt im Prozess, die Rechtsschutzversicherung zu verurteilen, dass sie Anwaltsempfehlungen zu unterlassen habe. Die Klage wurde, wie ausgeführt, durch das Landgericht abgelehnt. Die Entscheidung ist im Wesentlichen damit begründet, dass die Rechtsschutzversicherung vertraglich gehalten war, einen Rechtsanwalt zu benennen, weil der Versicherungsnehmer selbst keinen Rechtsanwalt benannt hatte. Auch hat das Gericht in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass in der beanstandeten Anwaltsempfehlung kein psychischer oder wirtschaftlicher Druck auf den Versicherungsnehmer gegeben war und dass ebenso die Voraussetzungen für einen wettbewerblichen Unterlassungsanspruch nicht gegeben waren. Im Ergebnis stellte das Gericht fest:

Zitat

"Empfiehlt eine Rechtsschutzversicherung ihrem Versicherungsnehmer Rechtsanwaltskanzleien, die auf bestimmte Rechtsgebiete spezialisiert sind oder vom Rechtsschutzversicherer für kompetent in der jeweiligen Rechtsfrage erachtet werden, so fehlt es an einer Wettbewerbsabsicht, wenn sachliche Gründe, insbesondere rechtliche Erwägungen, für die Empfehlung bestimmend sind."

[1] LG Bremen VersR 1998, 974.
[2] LG Bremen VersR 1998, 974.

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