Rz. 118

Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich dienen beide dem Ausgleich des während der Ehe gemeinsam Erwirtschafteten. Der Versorgungsausgleich bildet insofern die Spezialregelung für Versorgungsanrechte; er ist vorrangig (§ 2 Abs. 4 VersAusglG). Sofern also ein Anrecht in den Versorgungsausgleich fällt, ist es vom güterrechtlichen Ausgleich ausgeschlossen. Umgekehrt bedeutet das, das ein Anrecht, das die Voraussetzungen dafür erfüllt, auch dann in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist, wenn ein Zugewinnausgleich generell oder in Bezug auf dieses Anrecht nicht stattfindet. V.a. sind im Versorgungsausgleich auch solche Anrechte auszugleichen, welche aus zum Anfangsvermögen der Zugewinngemeinschaft gehörenden oder nach § 1374 Abs. 2 BGB diesem hinzugerechneten Vermögen erworben wurden. Die Zuwendung der Beträge wirkt sich dann allein im Güterrecht aus; die damit erworbenen Anrechte sind im Versorgungsausgleich zu teilen. Eine Korrektur dieses Ergebnisses findet nur in den engen Grenzen des § 27 VersAusglG (siehe unten § 8 Rdn 151 ff.) statt.

 

Rz. 119

Im früheren Recht fielen nur solche Versorgungsanrechte in den Versorgungsausgleich, welche auf eine Rentenzahlung gerichtet waren. Alle auf Einmalleistungen oder auf ratenweise Auszahlung eines Kapitals gerichteten Versorgungen wurden deswegen nicht im Versorgungs-, sondern im Zugewinnausgleich ausgeglichen. Das hat sich geändert: Betriebliche Anrechte und Anrechte i.S.d. Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) sind heute unabhängig von ihrer Leistungsform in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG, zu Einzelheiten siehe unten § 4 Rdn 52 ff.) Diese Anrechte sind deswegen jetzt dem Zugewinnausgleich entzogen. Es bleibt aber dabei, dass alle anderen auf Einmalleistungen gerichteten Rechte nicht im Versorgungsausgleich, sondern im Zugewinnausgleich ausgeglichen werden.

 

Rz. 120

I.Ü. beeinflussen sich Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich nicht (mehr). V.a. können sie jeder für sich ausgeschlossen werden, ohne dass der Ausschluss des einen Auswirkungen auf die Durchführung des anderen hat. Das war nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Recht anders: Damals trat durch eine Vereinbarung, durch welche der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wurde, automatisch Gütertrennung ein (§ 1414 Satz 2 BGB a.F.). Diese Regelung ist am 1.9.2009 außer Kraft getreten, gilt aber natürlich für früher getroffene Vereinbarungen weiter.

 

Rz. 121

Versorgungsausgleich und güterrechtlicher Ausgleich betreffen beide Vermögenspositionen. Oft wird deswegen von Ehegatten eine ausgleichssystemübergreifende Regelung des Ausgleichs gewünscht. Oft sollen nicht nur in einer Vereinbarung Versorgungsausgleich und Güterrecht erledigt werden, sondern die Eheleute wünschen auch eine Einbeziehung von Unterhalts-, Haushaltssachen- und Ehewohnungsregelungen. Der Gesetzgeber hat dieses Bedürfnis in § 6 VersAusglG vorausgesetzt und fördert es. Sollen entsprechende Vereinbarungen ("Du behältst das Haus, ich behalte meine Versorgungsanrechte") getroffen werden, ist aber Vorsicht geboten, weil die in den Ausgleichsystemen Güterrecht und Versorgungsausgleich angewendeten Berechnungsprinzipien unterschiedlich sind, so dass stets die Gefahr besteht, dass ungleiche Werte gleichgesetzt werden.

 

Rz. 122

So ist zunächst auf die unterschiedlichen Stichtage für Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich hinzuweisen: Während im Zugewinnausgleich regelmäßig der strenge Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags gilt (vgl. §§ 1384, 1387 BGB), gilt im Versorgungsausgleich als Stichtag der Tag, welcher der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht (§§ 5 Abs. 1 Satz 1, 3 Abs. 1 VersAusglG). Zwischen beiden Terminen können also bis zu 30 Tage liegen. Zudem ist der Endstichtag beim Versorgungsausgleich kein absoluter: Nachehezeitliche Entwicklungen, die auf die Bewertung des Ehezeitanteils zurückwirken, sind vielmehr bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 VersAusglG).

 

Rz. 123

Auch die Bewertungsprinzipien sind schon im Grundsatz unterschiedlich: In die Zugewinnausgleichsbilanz wird regelmäßig der Verkehrswert der in sie einzustellenden Vermögensgegenstände aufgenommen, wenn es sich nicht von Natur aus um Geldbeträge handelt. Der Verkehrswert ist in der Regel ein Veräußerungswert, so dass gefragt wird, welches Vermögen ein Ehegatte hätte, wenn er am Stichtag sein gesamtes nicht aus Geld bestehendes Vermögen veräußert hätte. Im Versorgungsausgleichsverfahren kommt es dagegen nie auf den Veräußerungswert eines Anrechts an. § 47 Abs. 2 VersAusglG macht deutlich, dass ein Anrecht im Versorgungsausgleich mit dem Wert anzusetzen ist, der aufzubringen wäre, wenn am Stichtag ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswertes begründet würde. Es handelt sich also ganz offensichtlich nicht um einen Veräußerungswert oder einen Fortführungswert, sondern um einen Einkaufspreis. Aus dieser Unterschiedlichkeit folgt vor allem, dass ein ...

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